Fight, fight, fight

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ANALYSE. Feinde der Demokratie gehen nicht in sich, wenn etwas Schlimmes passiert. Sie lassen es auf Schlimmes ankommen. Von Trump über Fico bis Kickl.

Der Berater für politische Kampagnen und Strategien, Julius van de Laar, sei überzeugt, dass dieser „ikonische Moment“ wahrscheinlich entscheidend gewesen sei für dem Ausgang der US-Wahl im November. Das berichtet tagesschau24: Gemeint sind die Bilder von Donald Trump, wie er nach dem Attentat die Faust hebt und sich mit der Aufforderung „fight, fight, fight“ an seine Anhänger wendet.

Da ist es löblich, dass der Sprecher des Repräsentantenhauses, der Republikaner Mike Johnson, wenig später sagte, dass die USA „als Gesellschaft so nicht weitermachen“ könnten: „Wir müssen die Temperatur in diesem Land senken. Wir brauchen führende Politiker aller Parteien auf beiden Seiten, die das ansprechen und sicherstellen, dass das geschieht, damit wir vorankommen und unsere freie Gesellschaft erhalten können.“

Die Aufforderung „fight, fight, fight“ war da schon ausgesprochen. Es geht eher weiter in die falsche Richtung.

Es wäre menschlich, ist aber naiv, zu erwarten, dass Politiker wie Trump nach einem solchen Ereignis erschrecken und sich vornehmen, sich zu mäßigen und dem gesellschaftlichen Frieden zu dienen.

Erst vor zwei Monaten ist der slowakische Regierungschef Robert Fico Opfer eines Attentats geworden. Für einige Stunden war nicht sicher, ob er überleben würde. Sein Zustand sei kritisch, hieß es. Jetzt ist er so weit wiederhergestellt, dass er aktiv in sein Amt zurückkehren konnte. Zu seinen ersten Botschaften zählte ein Beitrag auf Facebook, in dem er auf einem Foto in seinem Büro zu sehen ist. Dazu schrieb er wörtlich: „Liebe progressive, liberale Medien und liebe Opposition, ich entschuldige mich dafür, dass ich überlebt habe, aber ich bin zurück.“

Fico ist wie Trump ein Feind der Demokratie. Das bringt er hier zum Ausdruck: Er unterstellt einerseits, dass ihm Menschen, die anders ticken als er, den Tod gewünscht haben; und er meint andererseits, dass er ihnen durch sein Überleben eine bittere Niederlage zugefügt hat. Das ist so jenseitig. Hier geht es nicht mehr um politische Auseinandersetzungen; das ist schon weit darüber hinaus.

Ein weiterer Feind der Demokratie ist Herbert Kickl: Er präsentiert sich nicht einfach nur als Kanzlerkandidat, der aufgrund der Mehrheitsverhältnisse Kompromisse eingehen und eine Koalitionsregierung bilden möchte; zumal er es gut meint mit Österreich und respektiert, dass das auch Vertreter anderer Parteien tun. Nein, obwohl er mit der FPÖ kaum mehr als ein Viertel der Wähler hinter sich hat, sieht er sich als „Volkskanzler“, also Alleinherrscher; und bezeichnet er die Vertreter anderer Parteien als „Volksverräter“, die allein das Ziel hätten, ihn zu verhindern.

Das ist ein wichtiger, ein gefährlicher Punkt: Es ist eine Steigerung vom Haider’schen und Strache’schen „Sie sind gegen ihn, weil er für euch ist.“ Kickl ist jetzt ja der „Volkskanzler“-Kandidat, der sich als der einzig Wahre betrachtet und bereit sei, sich für Land und Leute aufzuopfern, wie er Ende Juni auf Ö3 durchklingen ließ. Und sie, die gegen ihn sind, bezeichnet er als Verräter, also Kriminelle, die in Wahrheit gegen das gesamte Volk seien.

Wobei auffällt, dass er allenfalls nur kryptisch erklärt, was mit diesen „Volksverrätern“ zu geschehen habe; zum Beispiel, wenn er von Fahndungslisten spricht. Er zieht es vor, Details der Phantasie seiner Anhänger zu überlassen. Was in Verbindung mit dem vorher Geschriebenen ein Spiel mit dem Feuer ist.

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