Einfach korrupt

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BERICHT. Parteipolitisch motivierte Postenbesetzungen sind in Österreich so selbstverständlich, dass Reformempfehlungen nicht einmal ignoriert werden.

Bis Dezember 2017 war Wolfgang Brandstetter (ÖVP) Justizminister, bald darauf wurde er auf Vorschlag einer türkis-blauen Regierung Verfassungsrichter. Martin Kocher ist noch für die ÖVP Wirtschaftsminister, die türkis-grüne Regierung hat bereits vor- bzw. dafür gesorgt, dass er im kommenden Jahr Nationalbank-Gouverneur wird: Prominente Fälle wie diese sollte es nicht geben. Sie sind nicht verboten, aber problematisch: „Greco“, eine Staatengruppe des Europarates gegen Korruption, hat vor zwei Jahren in einem Österreich-Bericht festgestellt, dass sie „ein heikles Problem“ darstellen würden.

Und? „Greco“ hat daher ausdrücklich empfohlen, für Regierungsmitglieder und Kabinettsmitarbeiter (!) „angemessene Wartefristen“ für die Zeit nach ihrer Tätigkeit festzulegen. Es sollte demnach unmöglich werden, dass sie in einen „gut bezahlten Job“ im öffentlichen Sektor wechseln. Ja, derlei sollte laut „Greco“ nicht nur geregelt werden, es sollte auch „ein effektiver Überwachungsmechanismus“ eingerichtet werden.

Die Empfehlung ist nicht einmal ignoriert worden. So sind die Verhältnisse: Korruption ist laut der Organisation „Transparency International“ der „Missbrauch von anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil“. Dazu zählt demnach auch Postenschacher, wenn bestimmte Leute nicht (nur) aufgrund ihrer Kompetenz im Allgemeininteresse, sondern (auch) parteipolitisch motiviert auserwählt werden. Letzteres betreffend sollte es nicht einmal einen Verdacht geben können.

Doch wen kümmert’s? Korruption im erwähnten Sinne gibt es im Großen wie im vermeintlich Kleinen. Es ist so selbstverständlich, dass es einfach immer wieder praktiziert wird. Davon zeugen Berichte der Gleichbehandlungskommission des Bundes, in denen konkrete Fälle in anonymisierter präsentiert werden.

Senat II der Kommission hat im vergangenen Jahr 42 Gutachten zu behaupteten Diskriminierungen aufgrund des Alters, der Religion oder der Weltanschauung erstellt. Bemerkenswert: 29, also fast zwei Drittel, betrafen allein das Innenministerium. Der Klassiker: Eine Beamtin oder ein Beamter findet, bei einer Beförderung nicht zum Zug gekommen zu sein, weil nicht die offensichtlich gefragte oder gar eine „falsche“ Parteinähe vorliegt. Immer wieder bestätigt der Senat derlei.

Immer wieder empfiehlt er dem Innenministerium überdies, „Auswahlverfahren transparent zu gestalten“ und „die angestellten Qualifikationsvergleiche zwischen den Bewerberinnen und Bewerbern ausführlich zu dokumentieren und alle Eignungskriterien zu würdigen“. Die ständige Wiederholung lässt darauf schließen, dass es nicht und nicht gemacht wird.

„Greco“ geht es mit Empfehlungen wie erwähnt ähnlich. Die Staatengruppe gegen Korruption vermisst auch Transparenz bei der Ernennung von Aufsichtsräten staatlicher Unternehmen. Aber darauf habe der Rechnungshof eh auch schon hingewiesen.

Tatsächlich. Nachdem sich der Rechnungshof die Sache im Finanz-, im Wirtschafts- und im Klimaschutzministerium genauer angeschaut hatte, hielt er in einem Bericht im März 2022 zusammenfassend fest: „In den drei überprüften Ministerien gab es keine objektiven, transparenten, definierten und nachvollziehbaren Prozesse für die Auswahl von Kandidatinnen und Kandidaten für Aufsichtsratsfunktionen in öffentlichen Unternehmen.“ Meist sei nicht einmal der Kompetenzbedarf erhoben worden, geschweige denn ein darauf basierendes Anforderungsprofil für die Eignung der Kandidatinnen oder Kandidaten erstellt worden.

Anmerkung: Die Nicht-Erwähnung von Ländern und Gemeinden bedeutet lediglich, dass dafür keine Dokumentationen vorliegen, wie sie die Gleichbehandlungskommission des Bundes erstellt.

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