ANALYSE. Der burgenländische Landeshauptmann wird der SPÖ nicht abhanden kommen. Im Gegenteil, er wird eine Art Markus Söder.
Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil hätte auf dem Bundesparteitag im Juni einfach nicht mehr kandidieren müssen, um seine Funktionen in der SPÖ zu verlieren. Ja, wäre es ihm um das Wohlergehen der Sozialdemokratie gegangen, hätte er das so gemacht. Er schrieb jedoch einen offenen Rücktrittsbrief, der einem Drohbrief gleichkommt – in der Hinsicht jedenfalls, dass er Pamela Rendi-Wagner und Genossen weiterhin lästig sein möchte.
In seinem Schreiben gibt Doskozil vor, sich für die SPÖ zu opfern bzw. zurückzuziehen, um sie „aus dem medialen Dauerfeuer zu nehmen“; genau darin befindet sie sich seiner Einschätzung nach, weil allein seine Präsenz zu „Personalfragen“ führt, „die die Medien so interessieren“, ihr jedoch schaden.
Widerspruch A: Hans Peter Dosokil hat seine Bedeutung nicht aufgrund seiner Funktionen in der Bundespartei. Im Gegenteil, dort hat er sich in den vergangenen Monaten und Jahren eher isoliert, also geschwächt. Doskozil ist als Landesparteivorsitzender, vor allem aber als sozialdemokratischer Landeshauptmann ein politischer Faktor. Das bleibt er.
Widerspruch B: Doskozil stellt gleich einmal klar, wer in seiner Vertretung in den Parteivorstand einziehen wird. Landtagspräsidentin Verena Dunst, Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Eisenkopf und Bildungslandesrätin Daniela Winkler werden dort naturgemäß als seine Statthalterinnen fungieren. Damit bleibt er gegenwärtig.
Widerspruch C: Doskozil hat in seinem Scheiben offengelegt, wie er seine Politik weiterhin anlegen wird. Das ist eine Abrechnung mit der Bundespartei. Sie ist in Teilen durchaus treffend: Trotz der Coronakrise und dem Popularitätsverlust, den Türkise wie Grüne erlitten haben; und mehr noch trotz all der ÖVP-Affären, die Sebastian Kurz‘ ursprüngliche Ansagen bezüglich Transparenz und Sauberkeit Lügen strafen, gibt es keine sozialdemokratische Gegenbewegung in Österreich. Rendi-Wagner hat sich zuletzt darauf konzentriert, härtere Maßnahmen zur Corona-Bekämpfung zu fordern. Das ist nicht populär, vor allem ist es auf Kosten einer Überzeugungsarbeit für eine größere Masse gegangen, dass die Zukunft mit der SPÖ eine bessere sein könnte.
Umgekehrt jedoch lässt das Politikverständnis von Hans Peter Doskozil tief blicken: Die SPÖ tue sich schwer, „ein Gleichgewicht zwischen der Meinung der Bevölkerung und unseren eigenen politischen Vorstellungen“ zu finden. Doskozils Antwort lautete bisher, „tun, was das Volk will“. Das jedoch ist reiner Populismus, wie er von Sebastian Kurz mit großen und von Freiheitlichen mit wechselndem Erfolg ohnehin längst betrieben wird.
Der Burgenländer wird sich dadurch nicht irritieren lassen. In seinem Land kann er genau das ja ebenfalls sehr wirkungsvoll machen, weil es dort funktioniert. Also bleibt er eine Art Markus Söder für die SPÖ: Wie der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef mehr denn je gegen die CDU, wird er, wenn’s im gefällt, auch in Zukunft gegen die SPÖ auf Bundesebene Politik machen. Dafür spielt er sich mit der nunmehrigen Aufgabe von Funktionen ebendort lediglich frei.
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