Die SPÖ, die belastet

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ANALYSE. Andreas Babler riskiert, mit einer umfassenden Neuausrichtung seiner Partei zu scheitern. Zumal die „Freunde“ in Wien null Problembewusstsein erkennen lassen.

In der Bundespolitik gab und gibt es ein paar Synonyme: „Ballhausplatz“ steht für Kanzleramt, „Himmelpfortgasse“ stand einst für Finanzministerium und „Löwelstraße“ steht für die SPÖ. Hier, in der Hausnummer 18, sind die Zentralen der Bundespartei und der Landesorganisation Wien untergebracht. Seit 1945. Das wird sich jedoch ändern. Die Landesorganisation Wien verabschiedet sich aus der sanierungsbedürftigen „Löwelstraße“ ins „Arbeiterheim“ im zehnten Gemeindebezirk.

Andreas Babler hätte gute Gründe, sich ebenfalls nach einem anderen Standort umzuschauen. Und zwar, um eine umfassende Neuausrichtung der Partei zum Ausdruck zu bringen. Nicht, dass er die ganze Geschichte der Partei vergessen machen müsste. Es geht darum, dass es in der Partei sehr viel gibt, was ihm zu schaffen macht. Und dass das Gebäude Löwelstraße 18 in wesentlichen Dimensionen für das Gegenteil von dem steht, was er verkörpern möchte: Basis, Offenheit, bei den Leuten sein; also bei denen, bei denen man früher gesagt hat, sie seien „draußen“.

Die ideale Babler’sche SPÖ-Zentrale müsste wohl eingeschoßig sein und über einen großen, frei zugänglichen Bereich verfügen. Sie müsste aus viel Glas (= Transparenz) bestehen und dürfte keine wahrnehmbaren Hinterzimmer haben. Im Zentrum müsste ein stattlicher Versammlungsraum stehen, in denen die Sitzgelegenheiten kreisförmig angeordnet sind.

Das würde Zugängen nahekommen, die der Mann durchsetzen möchte. Und natürlich: All das würde noch keine Wahlerfolge bringen. Es wäre aber ein Schritt, wie ihn Babler setzen müsste, um nicht zum Getriebenen zu werden.

Auf dem Bundesparteitag im November möchte er erreichen, dass Mitglieder künftig über Vorsitzende und allfällige Regierungsbeteiligungen abstimmen. Die Widerstände dagegen sind groß. Und zwar aus dem Burgenland etwa, ausgerechnet aber auch aus Wien, wo man Babler mit der „Kleingartenaffäre“ um den Donaustädter Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy ohnehin schon genug Probleme macht.

„Als SPÖ-Chef mache ich Politik für diejenigen, die es sich nicht richten können – weder durch ihre Millionen am Konto, noch durch ihre politischen Kontakte. Entsprechend diesem Grundsatz kann und werde ich es nicht dulden, wenn in den eigenen Reihen der Eindruck entsteht, dass genau das passiert“, betonte Babler vor einer Woche in einer Aussendung. Wiens Bürgermeister und Landesparteivorsitzender Michael Ludwig bestätigte immerhin, dass für sozialdemokratische Funktionäre besonders hohe Ansprüche gelten würden. Das ließ ursprünglich Konsequenzen erwarten. Im Gegensatz dazu ließ Planungsstadträtin Ulli Sima aber gleich einmal wissen, dass bei den Umwidmungen, die zu Wertsteigerungen zugunsten von Nevrivy und anderen Funitionär:innen geführt haben, alles korrekt abgelaufen sei; und die Wiener SPÖ betonte soeben, dass sie bei einer tiefgehenden Überprüfung keine Verstöße festgestellt haben will.

Das ist so ein Signal für Babler, dass es in Teilen seiner Partie null Problembewusstsein gibt. Dass es im konkreten Fall nicht darum geht, ob etwas formal korrekt abgelaufen ist, sondern unter welchen Umständen es abgelaufen ist. Dass er so einpacken kann. Beziehungsweise: Dass es für ihn notwendig ist, nach außen hin sichtbarer zu machen, dass er für eine andere SPÖ steht.

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