Die ÖVP ist das Problem

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ANALYSE. Sebastian Kurz lässt den Grünen zu wenig Luft zum Atmen und demütigt sie auch noch.

Partnerschaftlich, respektvoll und auf Augenhöhe miteinander umgehen, ist anders. Da konnte ÖVP-Chef Sebastian Kurz seinem künftigen Vizekanzler, Grünen-Sprecher Werner Kogler, auf der gemeinsamen Pressekonferenz zur Präsentation des Regierungsprogramms noch so aufmerksam und bisweilen zustimmend nickend zuhören: Er lässt den Grünen zu wenig Luft zum Atmen und demütig sie auch noch. Für Türkis-Grün verheißt das nichts Gutes.

Eine Partnerschaft kann nur dann funktionieren, wenn man einander leben lässt. In der geplanten Koalition kann davon keine Rede sein. Gut, sie ist noch nicht einmal offiziell besiegelt worden. Der Boden, auf dem sie stehen wird, ist jedoch vergiftet: Kurz vergisst bei keiner Gelegenheit, dass ihm nichts anderes übrig geblieben sei, als mit den Grünen zu koalieren. Das ist einerseits nachvollziehbar, weil die ehemaligen FPÖ-Wähler, die er seit 2017 gewonnen hat, irritiert sein dürften. Andererseits aber ist das kein Umgang: Es signalisiert den Grünen, dass sie letztmögliche, ja letzte Wahl sind.

Außerdem weist Sebastian Kurz nach wie vor darauf hin, dass die ÖVP bei der Nationalratswahl stolze 37,5 Prozent erreicht hat und die Grünen nur 13,9 Prozent zusammengebracht haben. Botschaft: Ich bin groß, sie sind klein. Entsprechend schaut denn auch die Zusammensetzung der Regierung und der Inhalt ihres Programms aus: Viel türkis, wenig grün.

Um nicht missverstanden zu werden: Dass die ÖVP aufgrund der Mehrheitsverhältnisse bestimmend ist, ist klar. Muss sie das ihrer Juniorpartnerin aber in einer solchen Art und Weise mitteilen? Wenn sie an einer guten Beziehung interessiert wäre: selbstverständlich nein. Dann wäre es das Mindeste gewesen, den Grünen zumindest ein Schlüsselressort zuzugestehen. Oder zur Not halt einen Staatssekretärsposten im Finanzministerium.

Ohne einen solchen ist ihr Schicksal vorprogrammiert, zumal die Ökologisierung des Steuersystems aufgrund der bloßen Ankündigung im Regierungsprogramm, eine Arbeitsgruppe einrichten und sie 2022 durchführen zu wollen, ohnehin ziemlich unwahrscheinlich ist; gerade unter diesen Umständen hätten die Grünen eine Vertreterin oder einen Vertreter im Finanzministerium nötig, der oder die dafür lobbyiert.

Sebastian Kurz hat all das Werner Kogler und Co. nicht zugestanden. Er wird schon wissen, warum: Die Grünen sind im Moment wirklich nur die Braut, die ihm aufgezwungen worden ist und die natürlich auch sehr viel mit sich machen lässt. Er selbst will sie nicht und lässt sie das auch bei jeder Gelegenheit spüren.

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