Die Grünen sind noch nicht erledigt

ANALYSE. In größeren Städten haben sie zuletzt sogar zugelegt. Und Sozialdemokraten könnten ihnen weiter helfen.

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ANALYSE. In größeren Städten haben sie zuletzt sogar zugelegt. Und Sozialdemokraten könnten ihnen weiter helfen.

Die Grünen stecken in die Krise? Natürlich: Siehe Nationalratswahl 2017 und so weiter und so fort, bis hin zur Peter Pilz-Abspaltung „Jetzt“, die ihnen bei der EU-Wahl im Mai einen lästigen Mitbewerber (Johannes Voggenhuber) bescheren wird. Andererseits: In den beiden Großstädten, in denen zuletzt gewählt worden ist, sind die Grünen recht erfolgreich gewesen. Und die weiteren Perspektiven sind für sie auch nicht ganz schlecht. Im Gegenteil.

Damit kein Missverständnis entsteht: Gemeinderatswahlen sind Gemeinderatswahlen. Mit Rückschlüssen muss man vorsichtig sein. Wenn Gemeinderatswahlen in einer größeren Stadt stattfinden, hat dies jedoch eine gewisse Aussagekraft. Und wenn eine Partei, die bundesweit klinisch tot gewirkt hat oder wirkt, ebendort nicht verschwindet, sondern zulegt, trifft das umso mehr zu. Soll heißen: Sie verfügt ganz offensichtlich noch über einen gewisse Substanz.

In Innsbruck und Salzburg haben die Grünen zugelegt. 

Konkret: Vor einem Jahr haben die Grünen bei der Gemeinderatswahl in Innsbruck (130.000 Einwohner) fünf Prozentpunkte gewonnen und damit 24 Prozent erreicht. Klar: Ihr Spitzenkandidat Georg Willi, der wenig später auch direkt zum Bürgermeister gekürt worden ist, muss als lokaler Faktor berücksichtigt werden. Das ist jeodch nicht alles. Am 10. März 2019 haben die Grünen nun in Salzburg (150.000 Einwohner) eineinhalb Prozentpunkte gewonnen und damit 15 Prozent geschafft.

Zwei Wahlen in größeren Städten sind noch nicht repräsentativ. Ein paar Dinge sind jedoch bemerkenswert: Es handelt sich um urbane Räume, auf die die Grünen angewiesen sind, von denen sie leben. Nur hier gibt es genügend Akademiker bzw. ökologisch gesinnte und eher linke Wähler, die sie in Parlamente bringen und dort halten können.

Zweitens: Sowohl in Innsbruck als auch in Salzburg war und ist die SPÖ angeschlagen, um es vorsichtig auszudrücken. Linksorientieren Wählern blieb daher nicht viel anderes übrig, als die Grünen zu unterstützen.

Rechtspopulismus stößt auf eine große Mehrheit, provoziert aber auch ein Gegengewicht. 

Drittens: Zum Grünen-Debakel bei der Nationalratswahl 2017 beigetragen hat, dass die SPÖ mit Christian Kern versucht hat, urbane, eher linke Zielgruppen anzusprechen. Zumindest in diesem Segment ist sie erfolgreich gewesen (darüber hinaus weniger). Diese Konkurrenz zeichnet sich für die Grünen nach Kern bzw. unter Pamela Rendi-Wagner kaum noch ab: Mehr denn je prägen hier Genossen wie der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil den Kurs der SPÖ. Siehe dessen Forderungen nach Präventivhaft für alle gefährlichen Menschen oder nach Staatsbürgerschaftsaberkennung für IS-Kämpfer auch dann, wenn sie staatenlos werden.

Viertens: Rechtspopulismus stößt in Österreich und darüber hinaus wohl noch länger auf eine große Mehrheit. Fast automatisch provoziert das aber auch zunehmend eine Nachfrage nach einem linken Gegengewicht. Die SPÖ, der es letzten Endes immer um eine (Regierungs-)Mehrheit geht, kann das nicht liefern. Die Liste Pilz hat sich bisher nicht weiter darum bemüht – da tut sich eine Lücke für die Grünen auf, die sie nützen könnten, aber nicht müssen.

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