ANALYSE. Drei ältere Herren? Das ist kein Angebot für die Mehrheit der Wähler: Frauen. Und das können sich SPÖ, ÖVP und Grüne nicht leisten.
Wer berät Irmgard Griss? Niemand. Oder jemand, der es nicht gut meint mit ihr. Andernfalls hätte die 69-Jährige nicht selbst vom Parlament aus erklärt, bereit zu sein, bei der Bundespräsidentenwahl 2016 zu kandidieren. Sie, die sich ganz offensichtlich als Vertreterin der Zivilgesellschaft betrachtet, hätte einen dem entsprechenden Ort gewählt; vor allem aber hätte sie sich von einer maßgeblichen Gruppe vorschlagen lassen – und dann erfreut zugesagt. So aber steht zu befürchten, dass sie am Ende alleine untergehen wird.
Zu glauben, die ehemalige OGH-Präsidentin könne ohne finanzielle Unterstützung einer Partei einen erfolgreichen Wahlkampf schlagen, ist ebenso naiv, wie davon auszugehen, dass sich eine Partei ganz selbstslos hinter sie stellen wird: Parteien wolllen, ja müssen, letzten Endes schon auch einen Erfolg für sich einstreifen können. Und Millionäre, denen das (nur protokollarisch) höchste Amt im Staat Millionen wert ist, gibt es wohl nur wenige.
Dabei würde einiges für eine Bundespräsidenten-Kandidatin Irmgard Griss sprechen: Sie steht für eine Kampfansage an das politische Establishment; für Transparenz und Aufdeckung (Stichwort Untersuchung der Causa Hypo Alpe Adria). Griss ist vor allem aber auch ein Angebot an die Frauen.
Ein solches Angebot ist im Hinblick auf die Wahl im kommenden Frühjahr nicht in Sicht. Im Gegenteil: Würde die SPÖ Sozialminister Rudolf Hundstorfer ins Rennen schicken und die ÖVP Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll und die Grünen Alexander Van der Bellen, würden sie gemeinsam auf (ältere) Männer setzen. Womit sie das größte Wählersegment offen ließen: Frauen.
So gesehen verwundert es nicht, dass etwa in der Sozialdemokratie da und dort die Wiener Finanzstadträtin Renate Brauner als mögliche Kandidatin ins Spiel gebracht wird. Die SPÖ ist schließlich vieles, nur keine reine Männerpartei, was ihre Wählerstruktur betrifft: Bei der Nationalratswahl 2013 haben laut damaliger ORF/SORA-Analyse 29 Prozent der Frauen rot gewählt, aber nur 22 Prozent der Männer. Ähnlich war es bei der ÖVP, wo der Unterschied sogar noch größer ausfiel (siehe Grafik): Sollte Erwin Pröll abwinken und der Koalitionspartner auf Hundstorfer setzen, müsste die Volkspartei daher darüber nachdenken, eine Frau zu nominieren.