Oberösterreichische Beliebigkeit

DIE KOLUMNE VON LIBERO. Für den Machterhalt ist der Volkspartei jeder Partner recht. Nach Rot und Grün ist jetzt Blau an der Reihe.

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DIE KOLUMNE VON LIBERO*. Für den Machterhalt ist der Volkspartei jeder Partner recht. Nach Rot und Grün ist jetzt Blau an der Reihe.

Zwar hat die ÖVP hat bei der Landtagswahl Ende September krachend verloren, ihrer Übermacht kann das nur wenig anhaben. Obwohl auf gut 36 Prozent Stimmenanteil zusammengestutzt, behält sie vier der neun Regierungssitze. Hingegen hat die halb so starke – oder besser: schwache – SPÖ fortan nur noch ein Mitglied. Den Freiheitlichen sei Dank. Sie sehen aufgrund verdoppelter Stärke ihre Chance, einen weiteren Schritt in Richtung Salonfähigkeit zu tun. Dafür überlassen sie der ÖVP gerne den einen Platz mehr, zumal das zu Lasten der SPÖ geht. Deren Demütigung ist der FPÖ wichtiger, von dort erhofft sie sich weiteren Zulauf.

So tickt Oberösterreich: Hauptsache, die Volkspartei regiert.

Weil sich Schwarz-Grün rechnerisch nicht mehr ausgeht, kommt nun also Schwarz-Blau. Wer einen derart breiten Spagat schafft, ist zum Machterhalt nicht allzu wählerisch. So tickt Oberösterreich: Hauptsache, die Volkspartei regiert. Mit wem, ist ebenso Nebensache wie die Ausrichtung.

Wie immer der Pakt zwischen ÖVP und FPÖ am Ende offiziell heißen wird, das politische Klima im Land wird sich zweifellos verändern: weniger solidarisch, weniger sozial, weniger ökologisch, weniger liberal, weniger weltoffen. Alleine, dass die FPÖ ein „Sicherheitsressort“ erhalten soll, lässt erahnen, wohin die Reise geht.

Die Grünen bekommen jetzt schmerzhaft zu spüren, was es heißt, den Schwarzen als redlicher, loyaler Juniorpartner zu Diensten zu sein. Nach zwölf Jahren haben sie ihre Schuldigkeit getan und werden abgeräumt. Vieles von dem, das ihnen wichtig ist und das sie erfolgreich vorangetrieben haben, wird ihnen entzogen. Vor ihnen erging es der SPÖ genauso.

Konsequent wäre, dieses Nachkriegs-Wiederaufbau-Relikt des Regierungsproporzes endlich zu beseitigen.

Wer von der ÖVP fallengelassen wird, fällt freilich nicht allzu tief. Schließlich hat Oberösterreich de facto zwei Regierungen: eine Konzentrationsregierung, in der alle vier Landtagsfraktionen vertreten sind, und innerhalb dieser eine – ab sofort schwarz-blaue – Koalition. Das heißt, SPÖ-Mann Reinhold Entholzer und der Grüne Rudi Anschober dürfen weiterhin am Tisch sitzen, aber nicht wirklich mitregieren. Über Kompetenzentzug und knappe Budgets werden sie zu Nebendarstellern degradiert. Somit sind sie eigentlich in Opposition, aber eben auch nicht wirklich.

Konsequent wäre, dieses Nachkriegs-Wiederaufbau-Relikt des Regierungsproporzes endlich zu beseitigen und auch in Oberösterreich etwas mehr Demokratie zuzulassen, sprich: echte Koalitionen zu bilden, dann auch die gesamte Regierungsverantwortung zu übernehmen und von einer richtigen Opposition kontrolliert zu werden.

Die Grünen haben angekündigt, gleich in der ersten Landtagssitzung einen Antrag auf Abschaffung des überkommenen Systems zu stellen. Sie werden es hoffentlich tun. Und die SPÖ wird hoffentlich zustimmen, was um einiges weniger wahrscheinlich ist. Eher wird sich die einstmals stolze und einflussreiche oberösterreichische Sozialdemokratie an ihren letzten verbliebenen Regierungssitz klammern. Der ÖVP kann es egal sein. Sie regiert immer, einmal mehr und einmal weniger absolut.

*) Der Libero ist ein politisch denkender, von Parteien und Interessenvertretungen unabhängiger Bürger.

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