ANALYSE. Die 28 Prozent, die die FPÖ in Vorarlberg erreicht hat, zeigen: Die Partei versteht es, bei weitem nicht nur in Krisenregionen zu punkten. Umso relevanter sind starke Mitbewerber.
In gewisser Weise sind die 28,0 Prozent, die die FPÖ bei der jüngsten Landtagswahl in Vorarlberg erreicht hat, bemerkenswerter als die 28,8 Prozent, auf die sie bei der Nationalratswahl Ende September bundesweit gekommen ist. Auch im äußersten Westen gibt es Leute mit Sorgen und Nöten, tendieren grundsätzlich nicht wenige aus Protest oder Unmut zu Freiheitlichen. In den vergangenen Jahren waren es in der Regel aber weniger als in Österreich insgesamt.
Wie ist ihr Vorarlberg-Ergebnis also erklärbar? Hier kommen zwei Dinge zusammen, die zeigen, dass die FPÖ nicht unterschätzt werden sollte. Zum einen war da ein bundespolitischer Einfluss, war da eine Grundstimmung, die Herbert Kickl seit Corona zugunsten seiner Partei bediente; und zwar flächendeckend. Zum anderen gaben sich seine Leute vor dem Arlberg gemäßigter. Damit haben sie, also Christof Bitschi und Co., weitere Wählergruppen angesprochen. Sie erklärten im Unterschied zu Kickl nicht, jemanden treten zu wollen, sondern ausdrücklich, das Land „wieder auf Kurs bringen“ zu wollen; was sie auf den Wirtschaftsstandort bezogen.
Es kommt jedoch auf die Summe an: Die Kickl- und die Bitschi-FPÖ sind untrennbar. Die eine hätte ohne die andere vielleicht 20 Prozent erreicht bei der Landtagswahl am 13. Oktober.
Umgekehrt wären sie zusammen auf weit mehr als 30 Prozent gekommen, wenn sich die ÖVP in einem Zustand wie auf Bundesebene und mehr noch in der Steiermark befunden hätte. Diese Volkspartei hat zumindest 38,3 Prozent erzielen können. Weil Markus Wallner einen Landeshauptmann-Bonus einbringen konnte. Karl Nehammer hatte bei der Nationalratswahl als Kanzler keinen vergleichbaren Bonus geltend machen können. Und Christopher Drexler wird das bei der Steiermark-Wahl Ende November als Landeshauptmann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schon gar nicht schaffen. Sein Glück könnte allenfalls sein, dass er im Unterschied zu Wallner eher nur mit einer Kickl-FPÖ konfrontiert ist. Andererseits: Braucht es in der Steiermark mehr? In der Obersteiermark hat die Kickl-FPÖ bei der Nationalratswahl in einem Bezirk nach dem anderen deutlich mehr als 30 Prozent erzielt.
Zurück nach Vorarlberg: Interessant ist, dass die FPÖ auch dort ihre historisch besten Wahlergebnisse erzielt hat, wo die Welt noch am ehesten intakt zu sein scheint. Zum Beispiel in Schoppernau im hinteren Bregenzerwald, wo Handwerk wie Baukultur gepflegt wird, wo auf Qualitätstourismus gesetzt wird und so weiter und so fort. Hier, wo die Volkspartei bis in die 2000er Jahre hinein bei Landtagswahlen um die 80 Prozent und mehr gehalten hat und jetzt bei 55 Prozent gelandet ist, ist die FPÖ auf 25 Prozent gekommen.
Sie hätte mehr zusammenbringen können. Wenn es der ÖVP und Wallner nicht gelungen wäre, wenigstens ein bisschen gegenzuhalten.