ANALYSE. Vor der Wahl wird der FPÖ-Chef unterschätzt und danach ist er möglicherweise der einzige, mit dem Kurz eine Regierung bilden kann.
Für FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gibt es Schlimmeres, als nicht als Kanzlerkandidat gehandelt zu werden. Zum Beispiel: Als Kanzlerkandidat gehandelt zu werden. Auch nach so vielen Jahren in der Bundespolitik hat er für die meisten Wähler nämlich nur eine Rolle: Gegen die Regierenden zu sein. Und Punkt. Er selbst sollte unter gar keinen Umständen Verantwortung übernehmen, wie man nicht nur von entsprechenden Umfragen ableiten kann. Sondern auch vom Ergebnis der Wiener Gemeinderatswahl 2015: Damals machte er den Fehler, sich als Bürgermeisterkandidat anzubieten. Das ging nach hinten los. Sehr wahrscheinlich, weil das einen guten Teil der Wählerschaft verschreckte, blieb er am Ende überraschend weit von dem Ziel entfernt.
So gesehen ist es also ein Glück für ihn, von Meinungsforschern. Politikberatern und Journalisten im Hinblick auf die Nationalratswahl 2017 abgeschrieben zu werden. Kanzler? Keine Chance. Das wird Sebastian Kurz. Und zwar jetzt erst recht, da Christian Kern mitsamt der Sozialdemokratie dem Gefühl nach in seinem eigenen Beratersumpf verschwindet.
Ohne Team Stronach und BZÖ hätte die FPÖ vielleicht sogar Platz eins geschafft.
Das kann Heinz-Christian Strache nur recht sein: So können ihn viele Leute wieder in der vermeintlichen Gewissheit wählen, zum einen keinen Vertreter einer „Altpartei“ unterstützen zu müssen (der Kurz halt immer auch ein bisschen ist) und zum anderen wirklich dem „danken“ zu können, der noch immer die konsequenteste Politik gegen Flüchtlinge betreibt.
Das ergibt für die FPÖ ein Riesenpotenzial: 2013 holte sie 20,5 Prozent. Aber nur, weil damals daneben auch das Team Stronach 5,7 Prozent und das BZÖ 3,5 Prozent schafften. Ohne diese beiden hätte sie vielleiht sogar Platz eins geschafft.
Und überhaupt: Vor einem Jahr lagen Strache und Co. deutlich über 30 Prozent. Jetzt befinden sie sich zugunsten der Neuen Volkspartei von Kurz ebenso klar darunter. Angeblich. Zumindest im Moment. Doch was weiß man: Die Wähler sind beweglich geworden. Und die Facebook-Affäre ist zwar auf rotem Mist gewachsen, könnte aber auch der Politik insgesamt schaden. Was erfahrungsgemäß zum Vorteil von Extremen, wie Strache, wäre.
Es soll Schlimmeres geben als der Verhandlungspartner zu sein, der unverzichtbar ist und dem man daher fast alle Zugeständnisse machen muss.
Doch sei’s drum: Wenn die SPÖ nun wirklich abstürzt, wie es allgemein erwartet wird, dann wird sie auch bei der Bildung der nächsten Regierung keine Rolle spielen (und dann wird auch kein Hans-Peter Doskozil die Führung übernehmen > vgl. die Analyse dazu). Dann gibt es nur eine Variante für eine Zwei-Parteien-Koalition: Türkis-Blau.
Schlecht für Strache? Im Gegenteil: Es soll Schlimmeres geben als der Verhandlungspartner zu sein, der unverzichtbar ist und dem man daher fast alle Zugeständnisse machen muss. Innenministerium? Bitte! Finanzministerium? Wenn’s denn gar nicht anders geht …
>> dieSubstanz.at zur österreichischen Politik. Täglich >> Zum Newsletter