ANALYSE. Kärnten erinnert Grüne und Neos daran, dass es für sie auch auf Bundesebene schwieriger werden könnte, sich zu halten. Demokraten sollte das nicht egal sein – ganz egal, wie sie zu den beiden stehen.
Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer ist bescheiden geworden. Zum Abschneiden ihrer Parteifreunde bei der Landtagswahl in Kärnten meinte sie, das Ziel, zuzulegen, sei erreicht worden; und die Arbeit auf Bundesebene sei bestätigt worden. Maurer bezog sich dabei auf das Plus von nicht einmal einem Prozentpunkt auf 3,85 Prozent, das bedeutete, dass es weiterhin kein Mandat im Landtag gibt. Für die Neos lief es nicht besser. Im Gegenteil: Sie mussten sich mit einem Plus von einem halben Prozentpunkt auf 2,59 Prozent begnügen.
Beides lässt sich natürlich erklären. Zum Beispiel mit dem Hinweis darauf, dass Mitte-Links-Wähler in Kärnten noch immer eine stärkere Sozialdemokratie vorfinden; gerade unter Peter Kaiser. Oder dass die Ballungsräume, in denen die beiden Parteien am ehesten eine Klientel vorfinden, in dem Bundesland halt zu klein sind für sie.
Ihr Problem geht jedoch weiter. Schaut man sich die SORA-Wählerstromanalyse an, fällt auf, dass die Grünen weniger als die Hälfte ihrer Wählerinnen und Wähler von der Landtagswahl 2018 halten konnten; bei den Neos handelte es sich sogar um weniger als ein Drittel.
Das macht den beiden Parteien grundsätzlich und immer wieder zu schaffen: Sie müssen sich bei jedem Urnengang eine ziemlich neue Wählerschaft erkämpfen; sonst sind sie verloren. Schwer bis unmöglich wird das Ganze für sie, wenn sich bei Wählerinnen und Wählern die Überzeugung durchsetzt, dass sie ohnehin keine Rolle spielen – entweder überhaupt auf parlamentarischer Ebene, weil sie zu keinen Mandaten kommen; oder im Hinblick auf eine Regierungsbildung.
Das leitet über zur Bundesebene: Im Moment halten Grüne und Neos im Durchschnitt der Umfragen zwar jeweils zehn Prozent. Bei einer Wahl würden sie in Bezug auf Koalitionsvarianten aber keine Rolle spielen: Es geht sich weder eine Fortsetzung der türkis-grünen Zusammenarbeit noch eine andere Zweiparteienkonstellation unter Einbindung einer der beiden aus; ja nicht einmal eine rot- oder türkis-pink-grüne Ampel kommt auf eine Mehrheit.
Damit kann ein Fallbeileffekt einhergehen. Zumal bei den Grünen zumindest in Teilen eine Wählerschaft dazukommt, die über die Performance von Werner Kogler und Co. in der Regierung enttäuscht ist; und zumal bei den Neos traditionell größere Teile der Anhängerschaft nicht so sehr an klassischer Opposition, sondern an aktiver Mitgestaltung im Rahmen einer Regierungsbeteiligung interessiert sind. Sprich: Für Beate Meinl-Reisinger und Co. ist es wichtig, dass es vor einer Wahl zumindest eine Koalitionsvariante gibt, an der sie beteiligt sind und die vor allem auch möglich erscheint. Eine solche fehlt zurzeit.
Die Zeichen stehen eher auf weniger Vielfalt in der österreichischen Parteienlandschaft: Es geht wieder zurück zu einer Konzentration auf ÖVP, SPÖ und FPÖ. Nennenswerte Erfolge konnten daneben bei den jüngsten Landtagswahlen nur zwei Parteien erzielen: In Tirol die Liste Fritz und in Kärnten Gerhard Köfer, der weder links noch rechts bzw. immer gerade das sein möchte, was Zustimmung verspricht.
Die Liste Fritz ist hier insofern eine Ausnahme, als sie konstruktive Vorstellungen hat; in ihrem Fall vor allem in Bezug auf Sozialpolitik. Das ist immerhin etwas, was essenziell ist für Parteienwettbewerb und Demokratie, denen rein stimmungsgetriebene Populisten ohnehin schon zusetzen. Es ist im Übrigen etwas, was in sehr unterschiedlichen Ausprägungen und mit ebensolchen Ausrichtungen auch Grüne und Neos kennzeichnet; die einen vor allem in Bezug auf Klimaschutz, die anderen unter anderem auf Unternehmertun und beide nicht zuletzt auf Bildung. Das ist wichtig, ganz egal wie man im Einzelnen dazu steht.