Babler bleiben nur noch wenige Wochen

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ANALYSE. Der SPÖ-Chef könnte zum Beispiel aus der Not eine Tugend machen. Auf das EU-Wahl-Ergebnis wird’s jedenfalls ankommen.

Die Verhältnisse in der österreichischen Politik haben etwas Beklemmendes: Gut ein Drittel der Wählerinnen und Wähler tendiert zu FPÖ-Chef Herbert Kickl, der nur darauf wartet, „das System“ zu beschädigen und autoritärerer „Volkskanzler“ zu sein. Viele der übrigen zwei Drittel der Wählerinnen und Wähler tun sich schwer. Karl Nehammer (ÖVP) ist ein Kanzler, der nicht einmal eine relative Mehrheit überzeugen kann.

Und Andreas Babler (SPÖ) ist kein Herausforderer, der für eine Wendestimmung steht. Genauer: Obwohl ein „Volkskanzler“ droht und die ÖVP eine Krise hat, hat er es bisher nicht geschafft, sich an die Spitze einer Bewegung für ein anderes Österreich zu setzen.

Der Mann läuft eher Gefahr, zu verlieren, was ihn einst ausmachte: Dass er quasi von außen kommt und leidenschaftlich-selbstbewusst Politik macht. Dass er ein bisschen unbekümmert-frisch wirkt. Ja, das soll heute schon ein Vorteil sein; es soll jedenfalls dazu beitragen, dass es Dominik Wlazny zurzeit mit der „Bierpartei“ in den Nationalrat schaffen könnte. Damit ist ein Teil der Wählerschaft schon begeistert.

Babler verliert vieles von dem durch seine Partei. Die Wiener Kleingartenaffäre ist zum Beispiel auch zu seinem Problem geworden, sie macht ihm vielleicht sogar am meisten zu schaffen. Mit ihm dürften schließlich Hoffnungen einhergegangen sein, dass es genau so etwas nicht geben kann. Jetzt hat es das aber nicht nur gegeben, es ist auch ohne Konsequenzen geblieben.

Oder: In der Koalitionsfrage wird darauf gepfiffen, was Babler will, obwohl diese Frage im Grunde genommen allein in seine Zuständigkeit fällt. Peter Kaiser und Michael Ludwig tendieren zu einer Zusammenarbeit mit der ÖVP, Hans Peter Doskozil und die Niederösterreicher lassen sich eine Hintertür zur FPÖ offen. Hier wird Babler nicht einmal mehr ignoriert.

Diesen Leuten kann man mangelnde Disziplin zum Vorwurf machen. Man kann aber auch feststellen, dass er selbst keine Perspektive schafft: Er persönlich will mit der FPÖ gar nicht und mit der ÖVP eher auch nicht. Alternative?

Diese Alternative müsste er nicht einmal direkt aussprechen. Er könnte aus der Not eine Tugend machen. In der Partei setzen sie eh keinen großen Hoffnungen in ihn. Doskozil ist gegen ihn, Ludwig hat sich aus dem Präsidium zurückgezogen. Ablösen können sie ihn nicht mehr vor der Wahl. Das könnte ihn frei(er) machen, inhaltliche Akzente zu setzen, die man von einem SPÖ-Vorsitzenden vielleicht nicht erwartet hätte. Zum Beispiel Akzente der Öffnung.

Er könnte ein anderes Österreich umwerben. Eines, das von rechter und rechtspopulistischer Politik, die am Ende zu einer extrem rechten Regierung zu führen droht, angewidert ist.

Aber da müsste Babler halt auch über seinen Schatten springen und sehr viel Europäisches betonen. Bis hin zum Integrationswerk EU. Direkt mag man damit keine Stimmen gewinnen, aber indirekt: Hier werden Grundhaltungen zum Ausdruck gebracht.

Und hier geht es letzten Endes auch um die EU-Wahl Anfang Juni: Wer die EU ablehnt, wählt blau. Wer weniger EU will, türkis. Und rot? Wo ist das Alleinstellungsmerkmal der SPÖ? Ehe hier ein Hinweis auf eine sozialere Union kommt, wäre es wichtiger, zuvor Genanntem ein Bekenntnis zu Europa und damit auch Weltoffenheit genauso wie Rechtsstaatlichkeit entgegenzuhalten.

Für Babler wird die EU-Wahl jedenfalls entscheidend: Wenn die SPÖ beim Urnengang Anfang Juni nur auf Platz drei landet, wird es schwer bis unmöglich, hier noch irgendetwas Entscheidendes zu drehen bis zur Nationalratswahl (voraussichtlich) im September. Dann wird es schwierig für Babler, sich als Kanzlerkandidat zu präsentieren. Dann muss er eher damit rechnen, dass ein Teil derer, die ein anderes Österreich wollen, vermehrt zu Neos, (wieder) Grünen oder Bierpartei tendieren.

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