Anti-Babler

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ANALYSE. Auch der SPÖ-Vorsitzende muss kritisiert werden können. Was die „Krone“ liefert, ist jedoch eine Kampagne.

War da was? „Klare Absage an Erbschaftssteuer“, titelte die „Kronen Zeitung“ am Samstag. Es soll sich um die wichtigste Aussage von Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) in einem Interview gehandelt haben. Dabei hat er nur gesagt: „Im Regierungsprogramm ist nicht vorgesehen, dass wir eine Erbschaftssteuer einführen. Und es ist auch nicht vorgesehen, dass wir das noch einmal neu verhandeln.“

Neuigkeitswert: null. Das Regierungsprogramm stammt vom März. Insbesondere auch in diesem Punkt bekennen sich sowohl Vizekanzler Andreas Babler als auch Finanzminister Markus Marterbauer (beide SPÖ) ausdrücklich dazu.

Es ist der „Krone“ aber so wichtig – und vielleicht auch der Grund dafür, dass sie gegen Babler, der an sich für eine allgemeine Vermögenssteuer und eine Erbschaftsteuer ab einer Million Euro ist, eine Kampagne betreibt. Anders kann man das schwer nennen.

Von acht Morgen-Newslettern ab jenem vom 15. September widmet der Chefredakteur vier Babler. Aber wie: Zunächst berichtet Klaus Herrmann, aufgrund schlechter Umfragewerte wolle er in die Offensive gehen: „Ob er das schaffen kann? Daran darf gezweifelt werden.“ Am 16. September zitiert er einen Kommentator aus dem Blatt, der zur Pensionspassung polemisiert: „Da trommelte Andreas Babler landauf, landab seine Reichensteuer und dann reicht sein Mut (zum vollen Ausgleich; Anm.) nur bis zu den Durchschnittspensionisten.“

Am 19. September geht es eigentlich um den Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ). Aber der Titel lautet: „Un-Bablerisch“. Es ist als Würdigung von Kaiser gemeint. Und am 21. September schreibt Herrmann von einem „wenig geachteten Babler“, für den sich die Tür zum Kanzleramt „wohl nie öffnen wird – außer er besucht den tatsächlichen Kanzler“.

Das ist nicht mehr normal: Babler mag in der SPÖ große Erwartungen geweckt, die Partei dann aber zu einem historisch schlechten Wahlergebnis geführt haben; er mag keine Graswurzelbewegung zu seinen Gunsten zustande bringen; er mag Dinge fordern, die man nicht unterstützen muss bzw. ablehnen kann; und so weiter und so fort.

Aber das geht tiefer: Gerade wenn man keine linke Politik haben möchte und zum Beispiel eben gegen eine Erbschaftssteuer ist, könnte man gelassen bleiben und zur Kenntnis nehmen, dass ausgerechnet Babler, der für seine Sache glüht, bis zur Selbstverleugnung vieles aufgegeben hat, um diese Regierung zu ermöglichen.

Ja, man kann herausarbeiten, dass eine Pensionsanpassung, die für viele keine ist (im Sinne eines Teuerungsausgleichs), ein Problem für die Sozialdemokratie darstellt. Daraus aber ausschließlich ein Versagen Bablers zu machen, ist nicht logisch: Klar, er hätte das Ergebnis besser kommunizieren müssen, es steht ganz offensichtlich aber für eine Bereitschaft, der Verantwortung gerecht zu werden, das Budget zu sanieren; auch wenn’s wehtut.

Und überhaupt: Ein bisschen schwingt bei dem billigen Babler-Bashing mit, dass linke Politik das Schlimmste sei, was man sich vorstellen könne. Dass sie von allem Anfang an bekämpft werden müsse. Dabei bewegt sie sich erstens auf dem Boden der Verfassung und sollte zweitens in einer Demokratie möglich sein können, weil eine solche sehr unterschiedliche Zugänge braucht; allein schon, um die Vielfalt der Gesellschaft abzubilden.

Aber Babler nimmt sich wie gesagt eh zurück. Einerseits muss er das, weil viele seiner Positionen für ihn nur mit grüner Unterstützung umsetzbar wären, das aber bei weitem keine Mehrheit ergibt. Andererseits hat er in den eigenen Reihen kaum Freunde. Auch Michael Ludwig, ohne dessen Hilfe er nie Vorsitzender geworden wäre, zählt nicht dazu. Siehe Bekanntgabe der Öffi-Ticket-Preis-Erhöhung um mehr als ein Viertel – unmittelbar vor einer Regierungsklausur zur Teuerungsbekämpfung. Nicht auszudenken, was die „Krone“ aufgeführt hätte, wann das Babler geliefert hätte.

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