Angenommen, 2020 gibt’s Neuwahlen

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ANALYSE. SPÖ und FPÖ sind zurzeit außer Funktion. Das ist extrem verlockend für Sebastian Kurz. Einerseits.

Von der Papierform her ist die Sache klar: Noch nie ist es für die neue ÖVP von Sebastian Kurz so verlockend gewesen, wählen zu lassen. Weder 2017 noch 2019, als sie ja beide Male ohnehin schon als große Siegerin hervorging. Das ist das eine. Zum Verhängnis könnte ihr einzig und allein werden, dass sie schon zwei Mal Neuwahlen ausgerufen hat und die Sache dann doch etwas zu durchschaubar werden würde.

Sozialdemokraten und Freiheitlichen können im Moment eher nur die Luft anhalten und hoffen, dass ihr Zustand von niemandem ausgenützt wird. Was heißt im Moment? Zumindest ein, zwei Jahre wird es schon dauern, bis beide wieder fit sind: Bei den Sozialdemokraten muss eine Erneuerung der Bundesorganisation offenbar warten, bis die Landtagswahlen im Burgenland (Ende Jänner) und in Wien (wahrscheinlich im Herbst 2020) geschlagen sind.

Und bei den Freiheitlichen muss Heinz-Christian Strache erst grandios scheitern, damit sie wieder ungehindert in die Zukunft blicken können. Konkret: Auch bei ihnen ist die Wiener Wahl ein entscheidender Termin. Dass ist die erste und wohl letzte Gelegenheit für Strache, ein politisches Comeback zu versuchen – mit einer eigenen Liste und zum Schaden der FPÖ.

Von daher hätte Sebastian Kurz extrem starke Gründe, es auf Neuwahlen im Frühjahr 2020 anzulegen: Dabei könnte es SPÖ und FPÖ zu seinen Gunsten zerlegen, dass von den beiden kaum noch etwas übrig bleibt.

Die Sache ist „nur“, dass es auch für Sebastian Kurz Probleme geben könnte. Zum einen ist mehr denn je klar, dass er bei der Regierungsbildung eigentlich nur noch eine Koalitionsoption hat, eine Zusammenarbeit mit den Grünen nämlich. Mögliche Alternativen wie Türkis-Blau oder Türkis-Rot, wie sie von der nö. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner gerade erst wieder genannt wurden, können in Wirklichkeit kaum noch welche sein. Das heißt, dass es für Kurz nicht einfach ist, demnächst zu sagen: „Schade, mit den Grünen geht’s nicht, der Nächste bitte.“ Oder gleich eine Minderheitsregierung zu wagen.

Außerdem: Wie eingangs erwähnt hat Sebastian Kurz schon zwei Mal Gelegenheiten genützt, die letzten Endes nur im Sinne von ihm und seiner Partei waren, Neuwahlen auszurufen. Das ist ein bisschen viel, es würde zu deutlich werden, dass es ihm einzig und allein darum geht, so lange wählen zu lassen, bis ihm das Ergebnis gefällt bzw. eine türkise Absolute erreicht ist. Alleinige Aufgabe der Wähler wäre es demnach, der ÖVP zu dienen. Andererseits: In Anbetracht der Mitbewerber könnte das sogar durchgehen.

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