Ältere entscheiden die Zukunft

ANALYSE. Nicht nur in Großbritannien unterscheidet sich das Stimmverhalten der „60 plus“-Generation markant von dem der Jüngeren. Auch in Österreich ist das der Fall.

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ANALYSE. Nicht nur in Großbritannien unterscheidet sich das Stimmverhalten der „60 plus“-Generation markant von dem der Jüngeren. Auch in Österreich ist das der Fall.

„Was wäre, wenn …“-Fragen sind verpönt, weil müßig. Die Britten haben sich mehrheitlich für einen Austritt aus der Europäischen Union entschieden. Bemerkenswert ist aber das unterschiedliche Abstimmungsverhalten von Jung und Alt. Es macht einen Generationenkonflikt deutlich – und ist daher eine politische Herausforderung.

Alle Befragungen vom Donnerstag kommen zu dem einen Ergebnis: Gerade einmal ein gutes Drittel der Briten ab 65 wäre für einen Verbleib in der Europäischen Union gewesen. Sie haben damit die Entscheidung getroffen. Die Zwei-Drittel-Mehrheit unter den 18- bis 24-Jährigen konnte das eindeutige Votum nicht aufheben.

Das ist eine politisch brisante Sache: Ältere entscheiden über die Zukunft der Jungen. Nicht nur in Großbritannien, sondern auch in Österreich. Bestes Beispiel: Bei der Volksbefragung vor drei Jahren votierten laut SORA/ORF-Analyse 71 Prozent der ab 60-Jährigen für eine Beibehaltung der Wehrpflicht. Bei den unter 30-Jährigen wären es gerade einmal 37 Prozent gewesen; sie sind summa summarum aber zu wenige gewesen, um sich durchzusetzen. Also ist die Wehrpflicht geblieben.

Man kann ein Wahlergebnis nach dem anderen studieren: Ältere ticken anders als Jüngere, jüngere anders als Ältere. Besonders neuere Parteien bekommen das zu spüren. Ganz extrem beispielsweise bei der Wiener Gemeinderatswahl vom vergangenen Jahr: Sowohl Grüne als auch Neos erreichten bei den unter 30-Jährigen mit 20 bis elf Prozent einen fünfmal größeren Stimmenanteil als bei den ab 60-Jährigen.

Das ist eine politische Herausforderung. Aus zwei Grünen: Es geht immer vor allem um die Zukunft der Jungen. Und Österreich ist solidarisch organisiert; bei den Pensionen kommt dies etwa im Umlagesystem zum Ausdruck, das bedeutet, dass die jeweiligen Einkommensbezieher die Leistungen finanzieren – es also darauf ankommt, dass sie über die Rahmenbedingungen verfügen, um das auch tun zu können.

Das Wahlrecht einzig und allen auf Junge zu beschränken, geht natürlich nicht. Auch ihre Stimmen stärker zu gewichten, würde allen demokratiepolitischen Grundsätzen widersprechen. Zumindest notwendig ist aber ein verstärkter Dialog zwischen Jung und Alt, der insbesondere auch dazu beiträgt, dass letztere ihr Unbehagen über Veränderungen verlieren.

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