Wien: Muss Kern ran?

ANALYSE. Die internen Streitigkeiten lassen sich für Ludwig und Schieder nur durch größtmögliche Ausgewogenheit überwinden. Damit ist die Partei jedoch verloren. 

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ANALYSE. Die internen Streitigkeiten lassen sich für Ludwig und Schieder nur durch größtmögliche Ausgewogenheit überwinden. Damit ist die Partei jedoch verloren.

Die Umfrageergebnisse, die die Tageszeitung „Kurier“ am Wochenende veröffentlicht hat, könnten für die Sozialdemokratie schlechter nicht sein: Wäre am kommenden Sonntag Gemeinderatswahl in Wien, die Partei müsste sich laut OGM mit gerade einmal 32 Prozent bengüngen. Zweiunddreißig Prozent: Das ist insofern bemerkenswert, als sie erst vor wenigen Wochen bei der Nationalratswahl, bei der sie in der Bundeshauptstadt eigentlich immer schlechter abschneidet, auf immerhin 34,5 Prozent gekommen war. Etwas mehr also.

Und das ist auch bemerkenswert, weil die Grünen mit nur noch sechs Prozent auch in Wien dabei sind, wegzubrechen; und damit eine Mitte-Links-Mehrheit vollkommen illusorisch geworden ist – in einer Stadt, die eher mitte-links tickt, wohlgemerkt.

Und das ist nicht zuletzt vor diesem Hintergrund bemerkenswert: Seit einigen Wochen ist es nach außen hin etwas ruhiger in der Sozialdemokratie. Ja, es könnte beinahe der Eindruck enstehen, dass die Nachfolge von Michael Häupl an Stadt- und Parteispitze quasi brüderlich-fair bestimmt wird; bzw. in demokratiepolitischer Größe zwischen Michael Ludwig und Andreas Schieder entschieden wird.

Weder ein Führungs- noch ein Richtungsstreit ist heute noch feststellbar: Wie kann es da sein, dass die SPÖ ganz so dramatisch schlecht dasteht? Mögliche Antwort: Schieder und Ludwig dürfen keine Kante zeigen. Das würde die parteiinternen Auseinandersetzungen wieder neu entfachen – und sie als verbindende Kandidaten wohl auch disqualifizieren. Abgesehen davon entspricht es wohl auch ein Stück weit den beiden Kandidaten; Esprit, Leidenschaft oder Charisma kann man ihnen nicht zuschreiben.

Genau das aber hätte die SPÖ für Wahlerfolge in den nächsten Jahren nötig: Will sie nicht allein davon leben, dass sich ihre Hoffnung erfüllt, dass Schwarz-Blau scheitert und die FPÖ, wie in den 2000er Jahren, wieder implodiert, muss sie ein Gegenprogramm entwickeln. Vor allem in Wien, wo sie für eine Rückkehr an die Bundesspitze zumindest theoretisch das entscheidende Wählerpotenzial dazu hätte. Das aber kann sie eben nur ausschöpfen, wenn sie an den wichtigsten Stellen Leute hat, die Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache etwas entgegenzusetzen haben.

Andreas Schieder und Michael Ludwig könnten das vorerst, aufgrund der parteiinternen Konflikte, die sie damit auslösen würden, gar nicht. Und ob sie längerfristig dazu in der Lage wären, ist fraglich.

Was ein wahres Dilemma für die Sozialdemokratie ist. Zumal es kaum einen Ausweg gibt. Die Umfrageergebnisse suggierieren, dass Kern in Wien noch (verhältnismäßig) erfolgreicher sein könnte als Schieder und Ludwig. Oppositionschef auf Bundes- und Wien-Ebene wäre jedoch ein bisschen viel für ihn. Zumal auch er erst einen dritten Weg definieren müsste, der alle wesentlichen Parteiflügel wieder zusammenführt.

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