ANALYSE. Die neuen Auswärtstrikots der Fußballnationalmannschaft sind ein (hoffentlich) unfreiwilliges, aber passendes Statement zu den gegenwärtigen Verhältnissen in Österreich.
Natürlich regen die neuen Auswärtstrikots der Fußballnationalmannschaft zu politischen Kommentaren an: Schwarzes Oberteil, türkise Hosen und Stutzen. „Wenn der Designer am Telefon ÖVP statt ÖFP verstanden hat“, ätzt der freiheitliche Sprecher Heimo Lepuschitz auf Twitter. Stefan Kappacher lässt das Ganze in seinen jüngsten Blog einfließen.
Die Geschichte ist wirklich originell. Die Designer betonen, sie hätten nur etwas Modernes schaffen wollen. Wie auch immer: Soweit sich das für dieSubstanz.at nachvollziehen lässt, zählt türkis nicht gerade zu den Trendfarben, weder der kommenden Winter-, noch der darauf folgenden Sommersaison. Doch lassen wir das, es ist müßig.
Schwarz-Türkis ist einfach nur bezeichnend für die gegenwärtigen Verhältnisse in Österreich. Bleiben wir zunächst noch beim Sport: Das ist Parteipolitik pur. Präsident der Bundessportorganisation ist in der Regel ein verdienter Funktionär der Sozialdemokratie. Warum? Weil ihr Verband größer ist als der schwarze, der von Ex-ÖVP-Generalsekretär Peter McDonald geführt wird. Zum jüngsten Präsidenten des Bundessportorganisation ist gerade der ehemalige burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) gewählt worden.
Im Fußball ist das ähnlich. Als der ehemalige Chef des oberösterreichischen Landesenergieversorgers Leo Windtner 2009 zum ÖFB-Präsidenten gewählt worden ist, schrieb das Nachrichtenmagazin „profil“ in einem Porträt, er gehöre zur „Machttroika Oberösterreichs“. Zitat: „Nummer eins ist Landeshauptmann Josef Pühringer, Nummer zwei Raiffeisenbanker Ludwig Scharinger, Nummer drei Leo Windtner. Die drei Herren verbindet – neben dem Parteibuch der ÖVP – das Selbstbewusstsein, am allerbesten zu wissen, was für das Land gut ist.“
Um nicht missverstanden zu werden: So dämlich, aufgrund seines Hintergrunds heute anzuordnen, dass Alaba und Co. wie Vertreter der Jungen ÖVP aufzulaufen haben, ist Windtner mit an Sicherhit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht. Dass es nun aber dazu kommt, ist wie gesagt bezeichnend.
Die ÖVP-Machtdurchdringung ist absolut: In sechs von neun Ländern bestimmt die Partei, wo’s lang geht. Grüne, Sozialdemokraten und Freiheitliche dürfen als Juniorpartner in der einen oder anderen Koalition allenfalls ein bisschen mitreden. Auf Bundesebene ist die Volkspartei die einzige Großpartei. Hier wird sie künftig allein oder eben auch mit einem Juniorpartner regieren.
Das Problem ist, dass der ÖVP bei alledem ganz offensichtlich das Gefühl dafür fehlt, was geht und was nicht mehr tragbar ist. Ein sehr vielschichtiges Beispiel dafür sind die Rollen, die sie dem Chef ihres Wirtschaftsflügels Harald Mahrer zugesteht, der auch Präsident der Wirtschaftskammer Österreich ist: Es reicht nicht, dass er zudem Präsident der Nationalbank ist. Was für sich genommen schon unvereinbar ist, sollte die Geldpolitik doch auch in EZB- bzw. Euro-Zeiten zumindest den Anschein einer gewissen regierungs- und parteipolitischen Unabhängigkeit wahren. Sonst könnte man sie gleich den Finanz- oder Wirtschaftsministern übertragen. Nein, Harald Mahrer führt für die ÖVP jetzt auch noch das Kapitel „Wirtschaft und Finanzen“ bei den Koalitionsverhandlungen. Das ist extrem hemmungslos.
Fertig? Nein. Bleiben wir bei der Nationalbank. Bei ihr hat die ÖVP schon in Folge der Nationalratswahl 2017 der SPÖ die Führung abgenommen. Mahrer hat in diesem Sinne Ewald Nowotny beerbt. Rote mussten abgesehen davon eher Blauen weichen. Und heute machen es die Blauen durch stümperhafte Personalentscheidungen den Schwarz-Türkisen auch noch einfach, sie in ihren Zuständigkeiten zu schwarz-türkisen Gunsten zu beschneiden. 2:0 für die ÖVP.
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