Platters Unverschämtheit

ANALYSE. Dass ausgerechnet der Vorsitzende der Landeshauptleute-Konferenz die demokratische Legitimation eines Organs einmahnt, ist kaum zu glauben. 

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ANALYSE. Dass ausgerechnet der Vorsitzende der Landeshauptleute-Konferenz die demokratische Legitimation eines Organs einmahnt, ist kaum zu glauben. 

Grundsätzlich muss man sich ja darüber wundern, dass die Landeshauptleute das Nein des Bundesverwaltungsgerichts zum Bau einer dritten Piste auf dem Flughafen Wien-Schwechat zum Anlass nehmen, diese Instanz entmachten zu wollen: So wichtige Entscheidungen müssten von „demokratisch legitimierten Organen“ getroffen werden, so der Vorsitzende der Landeshauptleute-Konferenz, der Tiroler Günther Platter (ÖVP), laut „Salzburger Nachrichten“ und „Ö1-Morgenjournal“ in einem Schreiben an Bundeskanzler, Vizekanzler und Umweltminister. Auf die Idee, einem Gericht aufgrund eines unliebsamen Urteils eine Kompetenz zu entziehen, muss man erst einmal kommen. Vor allem mit dieser Begründung; was die demokratische Legitimation betrifft, so weisen die Länder nämlich erhebliche Defizite auf.

So gesehen kann man Günther Platter für sein Schreiben aber auch ein bisschen dankbar sein: Es lenkt die Aufmerksamkeit wieder einmal auf paar echte Missstände:

  • Die Landeshauptleute-Konferenz ist in der Praxis einflussreicher als die Länderkammer des Parlaments, der Bundesrat. Im Unterschied zu diesem ist sie aber nicht in der Verfassung verankert.
  • Einige Landesverfassungen selbst sehen für ihre Parlamente wiederum äußerst bescheidene Oppositionsrechte vor. So können in Niederösterreich die Acht-Prozent-Parteien FPÖ und Grüne nicht einmal Anträge einbringen. Sie verfügen über zu wenige Abgeordnete; für einen Antrag wären sechs nötig.
  • Die Landesregierungen, die von den Landeshauptleuten geführt werden, agieren zum Teil geheim. So werden Tagesordnungen, denen alle Beschlüsse zu entnehmen wären, in Niederösterreich nicht veröffentlicht.
  • Nicht nur der Bund vergibt Förderungen in Milliardenhöhe, auch die Länder tun das. Genaueres dazu weiß man jedoch nicht. Vollständige Angaben für eine Transparenzdatenbank mag der damalige Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) vor bald acht Jahren gefordert haben; zustande gekommen ist das jedoch bis heute nicht.
  • Dem einen oder anderen Landeshauptmann fehlt das, was für eine Demokratie unverzichtbar ist: eine kritische (Medien-)Öffentlichkeit. Wobei der nö. Ex-Landeshauptmann Erwin Pröll zuletzt nach einem „ZiB 2“-Interview deutlich gemacht hat, dass er persönlich an einer solchen nicht interessiert ist. Vielleicht aber tickt diesbezüglich zumindest seine Nachfolgerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) anders. Mal sehen.

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