Niederösterreichisches Demokratiedefizit

ANALYSE. Der Landeshauptmann ist de facto nicht absetzbar. Doch auch kleinere Dinge, die anderswo selbstverständlich sein mögen, sind den Volksvertretern verwehrt. 

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ANALYSE. Der Landeshauptmann ist de facto nicht absetzbar. Doch auch kleinere Dinge, die anderswo selbstverständlich sein mögen, sind den Volksvertretern verwehrt. 

Dass die „Dr. Erwin Pröll Privatstiftung“ bisher nur wenigen Österreichern bekannt war, hat einen Grund: Die niederösterreichische Landesregierung, deren Mitglieder ganz offensichtlich darüber informiert waren, ist ein geheimnisvolles Gremium. Oppositionsvertreter treibt das zur Verzweiflung, wie eine aktuelle Anfrage von Helga Krismer-Huber (Grüne) an den Landeshauptmann zeigt. Darin schreibt sie wörtlich: „Eine wesentliche Aufgabe des NÖ Landtages ist es, gegenüber der Landesregierung seine Kontrollfunktion wahrzunehmen. Derzeit haben die Abgeordneten zum NÖ Landtag aber keine Möglichkeit, in die Sitzungsprotokolle der Landesregierung sowie in die Akten, die den Regierungsbeschlüssen zugrunde liegen, Einsicht zu nehmen. An Beschlüssen und vergebenen Förderungen dringt mittels OTS (Presseaussendung; Anm.) nur nach außen, was vom Landeshauptmann bzw. den LandesrätInnen gewünscht ist. Die restlichen Beschlüsse bleiben geheim.“

Ohne Zweifel ist das schon für sich genommen ein demokratiepolitisches Problem. Erschwerend kommen jedoch noch zwei Dinge dazu: Erstens, die Minderheitenrechte im niederösterreichischen Landtag sind überaus bescheiden. Und zweitens, es gibt ein Proporzsystem, das bedeutet, dass neben der ÖVP, die über eine absolute Mandatsmehrheit verfügt, auch die Mittelpartei SPÖ sowie ein ehemaliger Frank-Stronach-Gefolgsmann in der Regierung vertreten sind. Da bleibt nicht mehr viel Opposition. Genau genommen handelt es sich um die Freiheitlichen und die Grünen.

Aufgrund der Proporzsystems ist die Oppsoition ohnehin schon schwach. Doch Rechte hat so auch noch bescheidene.

Die beiden liegen von ihrer Größe her hart an der Grenze zu einer Mittelpartei. Immerhin haben sie bei den letzten Landtagswahlen jeweils etwa acht Prozent erreicht und damit jeweils vier Mandate gewonnen. Viel anfangen können sie damit jedoch nicht. So ist es ihnen schon unmöglich, Anträge einzubringen; dazu sind mindestens sechs Abgeordnete nötig. Von einem Prüfauftrag an den Rechnungshof sind sie noch weiter entfernt; dazu ist nicht nur eine Antragstellung durch sechs Abgeordnete erforderlich, sondern auch die Zustimmung von einem Drittel der Abgeordneten. Zum Vergleich: Im Nationalrat genügt für einen solchen Schritt nicht einmal ein Neuntel.

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Es gibt noch mehr Defizite. Zum Beispiel: Ist der Landeshauptmann einmal im Amt, ist er de facto nicht mehr absetzbar. Reicht in anderen Ländern eine einfache Mehrheit für ein Misstrauensvotum, so ist es in Niederösterreich gleich eine Zweidrittelmehrheit. Und eine solche kann die ÖVP mit ihren derzeit 30 von insgesamt 56 Landtagsabgeordneten mit links verhindern.

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