Mindestsicherung: Gefährdete Großfamilien

FAKTEN-CHECK. Von einer Kürzung wären überraschend viele Großfamilien betroffen: Es gibt zwar nicht viele, sie sind aber besonders armutsgefährdet. 

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FAKTEN-CHECK. Von einer Kürzung wären überraschend viele Großfamilien betroffen: Es gibt zwar nicht viele, sie sind aber besonders armutsgefährdet.

Die Mindestsicherung solle mit 1500 Euro begrenzt werden, fordert ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka und verweist darauf, dass Familien mit fünf minderjährigen Kindern in Tirol und Vorarlberg mehr als 2000 Euro monatlich bekämen. Wobei hinzugefügt werden muss, dass es sich um „Bis-zu“-Beträge handelt: Allfällige Einkommen sowie Vermögen werden ja abgezogen. Doch das sei nur am Rande erwähnt. Entscheidend ist die Frage: Welche Auswirkung hätte eine solche Kürzung der Mindestsicherung.

Bemerkenswert ist, dass es heutzutage trotz aller Bemühungen der ÖVP, Österreich zum familienfreundlichsten Land der Welt zu machen, kaum noch Familien mit fünf Kindern gibt. In den Statistiken wird diese Gruppe nicht einmal mehr ausgewiesen. Das Maximum sind dort Familien mit vier und mehr Kindern. Und ihr Anteil wird immer kleiner, er halbiert sich beinahe von Jahrzehnt zu Jahrzehnt. Vorarlberg beispielsweise zählte 2011 insgesamt 66.149 Familien. In 2257 bzw. nicht einmal dreieinhalb Prozent davon lebten vier und mehr Kinder. Und wenn man nur jene mit mindestens einem unter 15-jährigen Buben oder Mädchen berücksichtigt, dann waren es überhaupt keine zwei Prozent der Familien.

Doch das sollte nicht zur Aussage verleiten, dass von einer Begrenzung der Mindestsicherung kaum jemand betroffen wäre. Das Gegenteil davon ist der Fall: Die Armutsgefährdungsquote steigt mit der Familiengröße dramatisch an. Bei einem Mehrpersonenhaushalt mit einem Kind und ohne erwerbstätiger Frau betrug sie zuletzt laut Bundes-Sozialbericht 2013/14 22 Prozent. Sind mindestens drei Kinder dabei, sind es 43 Prozent. Handelt es sich um einen Ein-Eltern-Haushalt, beträgt die Quote gar 50 Prozent.

Wobei erwähnt werden muss, was Armutsgefährdung in diesem Bericht bedeutete: Bei einem Vater-Mutter-und-fünf-Kinder-Haushalt waren es 3311 Euro. Pro Monat. Also mehr als doppelt so viel, als die ÖVP als maximale Mindestsicherung (exkl. Familienbeihilfen) gewähren möchte.

Zurück nach Vorarlberg: Laut dem Landesbericht „Sozialindikatoren 2015“ profitierten dort im Jahr 2014 insgesamt 10.289 Personen von der Mindestsicherung. Bei mehr als 6000 davon handelte es sich um Familienmitglieder – wobei Familien mit vier und mehr minderjährigen Kindern mit 1440 überrepräsentiert waren.

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