BERICHT. Vorarlberg zeigt, dass es keine Hexerei ist für ÖVP und Grüne, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen.
Wollen sich ÖVP und Grüne auf Bundesebene jetzt eher auf die Bekämpfung „illegaler Migration“ oder mehr auf Integration konzentrieren? Das ist nicht irgendeine Frage für Sebastian Kurz (ÖVP) und Werner Kogler (Grüne). Bei ersterem schwingt mit, dass Migration vor allem illegal ist und bei zweiterem so ziemlich genau das Gegenteil davon; folglich muss man den Menschen mit einer entsprechen Willkommenskultur „nur“ helfen, einen Platz in der österreichischen Gesellschaft zu finden.
Davon abzuweichen ist weder für Kurz noch für Kogler einfach. Im Gegenteil: Für Kurz handelt es sich um ein Kernelement seines bisherigen Erfolgs. Ohne „Schließung der Balkanroute“ oder „Stopp der Zuwanderung ins Sozialsystem“ wäre er mit der ÖVP nie und nimmer so weit gekommen, wie er eben gekommen ist. Umgekehrt hat die Ablehnung dieses Zugangs den Grünen zumindest ein bisschen Zuspruch gebracht.
Die schwarz-grüne Koalitionsvereinbarung in Vorarlberg zeigt, dass es möglich ist, beide Positionen zu verbinden: „Die Vorarlberger Landesregierung trennt klar zwischen Asyl und Zuwanderung. Ein effektiver europäischer Außengrenzschutz und eine geordnete Zuwanderung auf Basis klarer rechtlicher Grundlagen ist für uns der Ausgangspunkt jeglicher Migrationspolitik. Jenen Menschen, die basierend auf den geltenden Flüchtlingskonventionen unserer Hilfe bedürfen, helfen wir“, heißt es darin. Und weiter: „Formen der illegalen Migration und des Schlepperwesens müssen hingegen entschlossen bekämpft werden.“
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Da ist alles drinnen: Sowohl geregelte Zuwanderung als auch Umgang mit Asylwerbern auf Basis internationaler Bestimmungen und schließlich die Bekämpfung „illegaler Migration“, die Kurz ein besonderes Anliegen ist. Was fehlt, sind politisch motivierte Signale; wie 1,50 Euro Jobs für Asylwerber oder Ausreise- anstelle von Erstaufnahmezentren. Sprich: Ein türkis-grüner Konsens wäre nach alemannischem Muster einzig und allein davon abhängig, ob man bereit ist, auf gewisse Bösartigkeiten zu verzichten oder nicht.
Zumal in Vorarlberg unter ÖVP-Führung bzw. mit grüner Beteiligung offenbar kein naiver Zugang beabsichtigt ist. Integration wird dem Koalitionsvertrag zufolge als Bring- und Holschuld gesehen, die in einer eigenen Vereinbarung jedem Einzelnen klargemacht wird: „Die in unserer Verfassung festgeschriebenen Werte und Gesellschaftsnormen sind einzuhalten. Wer sich nicht daran hält, muss mit Kürzungen in der Mindestsicherung rechnen“, heißt es da.