Man sollte die FPÖ nicht unterschätzen

ANALYSE. Wenn es dann wirklich um Flüchtlinge und Grenzschließungen geht, können Strache und Co. immer noch eins drauflegen. Außerdem haben sie schon bemerkenswert gute Werte. 

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ANALYSE. Wenn es dann wirklich um Flüchtlinge und Grenzschließungen geht, können Strache und Co. immer noch eins drauflegen. Außerdem haben sie schon bemerkenswert gute Werte.

Dass Parteien etwas andere Umfragewerte haben, die sich außerdem auf besseren Erhebungen in dem Sinne stützen, dass viel mehr Leute befragt werden, durfte man soeben erfahren: Die SPÖ konnte den „Österreich“-Hinweis darauf, dass sogar in Wien schon die ÖVP-Liste Sebastian Kurz vor ihr liege, so nicht stehen lassen. Diese Umfrage hatte sich auf keine 100 Antworten in der Bundeshauptstadt gestützt; hinter dem einen Prozentpunkt Differenz steht demnach also nicht einmal ein Befragter. Wie auch immer: Soeben berichteten „Kurier“ und „Krone“ unter Berufung auf eine IFES-Umfrage, dass die SPÖ in Wien in Wahrheit bei 34 Prozent liege, während die Liste Kurz mit 22 sogar weniger als die FPÖ (23 Prozent) halte.

Zu dieser Umfrage gibt es einiges zu sagen: Auftraggeberin war bemerkenswerterweise laut den ausführlichen Angaben dazu auf der IFES-Website nicht die SPÖ-Bundespartei, sondern der sozialdemokratische Landtags- und Gemeinderatsklub. Und durchgeführt wurde die Erhebung nicht schnell nach der „Österreich-Meldung“ am vergangenen Wochenende, sondern von 13. bis 25. Juli. Befragt wurden abgesehen davon 800 Personen, von denen sich 624 für eine Partei deklarierten. Das sind verhältnismäßig viele. So viele werden in den veröffentlichten Umfragen ansonsten allenfalls bundesweit befragt, wenn überhaupt.

Für die Glaubwürdigkeit der veröffentlichten Daten (inkl. Rohdaten) spricht nicht zuletzt, dass die SPÖ nicht besonders gut abschneidet. Sie ist zwar klar vorne. Vergleicht man ihren derzeitigen Wien-Wert jedoch mit ihren Ergebnissen bei den letzten Nationalratswahlen, dann ist er ernüchternd. Mit 32 Prozent erreichte sie nur 2013 weniger. 2002 schaffte sie 44 Prozent – und damals triumphierte summa summarum nicht sie, sondern die ÖVP mit Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. Die Volkspartei kam damals auf 31 Prozent, verlor dann viel und hält nun laut IFES in der Hauptstadt 22 Prozent.

An ihre besten Zeiten zumindest annähernd anschließen können eigentlich nur die Freiheitlichen: Nach 25 Prozent 1999 sind sie beinahe verschwunden, doch seit 2006 geht’s nur noch aufwärts mit ihnen. Aktuell halten sie 23 Prozent. Das zeigt, wie sehr mit einer Überraschung am 15. Oktober gerechnet werden kann: Die ehemaligen Großparteien haben zwar gute Chancen, wieder zuzulegen. An ihre besten Zeiten heranzukommen wird jedoch schwer bis unmöglich; und zwar auch dann, wenn man nur die jüngere Vergangenheit betrachtet. Anders ist das bei den Freiheitlichen; für Heinz-Christian Strache ist es ungleich einfacher, ein Rekordergebnis für seine Partei einzufahren.

Zumindest zwei Gründe sprechen dafür:

Erstens, der FPÖ schadet es nicht, wenn es nicht als sehr wahrscheinlich angesehen wird, dass sie Erste wird. Im Gegenteil: Bei der Wiener Gemeinderatswahl 2015 hat die Partei letzten Endes wohl auch deshalb schlechter abgeschnitten als erwartet, weil viele zur Verhinderung eines Bürgermeisters Heinz-Christian Strache doch noch einmal rot gewählt haben. Hätte es in Umfragen kein „Kopf-an-Kopf“-Rennen geben, hätten sie das möglicherweise nicht getan. Oder 2016, die erste Runde der Bundespräsidenten-Kür: FPÖ-Kandidat Norbert Hofer war in keiner veröffentlichten Umfrage vorne gelegen, Alexander Van der Bellen galt als Favorit. Das Ergebnis ist bekannt. Und als dann bei der Stichwahl im Dezember die Möglichkeit allgemein bewusst war, dass Hofer in die Hofburg einziehen könnte, nützte das eher Van der Bellen; viele unterstützen den Ex-Grünen nur, um Hofer zu verhindern.

Von wegen Grenzkontrollen da und dort: Grenzschließungen überall! Und so weiter und so fort.

Zweitens, das – zumindest derzeit – stärkste Wahlkampfthema ist grundsätzlich ganz im Sinne der Freiheitlichen: Sicherheit, Flüchtlinge, Grenzkontrollen. Das sollte man nicht unterschätzen. Zwar wirkt all das eher zugunsten von Sebastian Kurz. Aber Strache und Co. reagieren nach außen hin auffallend gelassen darauf. Das könnte natürlich daran liegen, dass sie sich bereits geschlagen geben. Oder aber auch daran, dass sie eine Ahnung von ihren Möglichkeiten haben. Sie wissen schließlich, wie’s funktioniert: Wenn es ab Ende August, Anfang September wirklich ernst wird, können sie erst so richtig loslegen und gegenüber den meisten Mitbewerbern immer eins drauflegen. Von wegen Grenzkontrollen da und dort: Grenzschließungen überall! Von wegen nur illegale Zuwanderung bekämpfen: Nullzuwanderung! Und so weiter und so fort.

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