ANALYSE. 21 Seiten umfasst die Vereinbarung, die Lektüre ist ernüchternd: Reformen sind alles andere als fix.
Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) macht gute Miene zum bösen Spiel: Länder- und Gemeindevertreter haben ihn gerade abgeräumt; von seinen Reformvorstellungen ist nichts übriggeblieben. Die Vereinbarung über die Verteilung von gut 85-Steuer-Milliarden ab dem kommenden Jahr („Finanzausgleich“), die sie am Montag unterschriebenen haben, enthält keine wesentlichen Änderungen, ist laut Schelling aber „ein Einstieg in den Umstieg“. Worauf er diese Aussage stützt, ist schleierhaft. Umstiege mögen in dem 21 Seiten umfassenden Pakt ins Auge gefasst worden sein; in der Regel sind sie allerdings mit dem Zusatz verbunden, dass ihre Umsetzung erst „einvernehmlich“ in die Wege geleitet werden soll. Sprich: Fix is’ nix.
Eine Bundesstaatsreform wird auch mit diesem Finanzausgleich nicht durchgeführt. Dabei wäre ein solcher der einzige Hebel, über den das möglich wäre. Schließlich geht’s ums Geld. In der Vereinbarung, die mit 1. Jänner 2017 wirksam werden soll, heißt es stattdessen: „Bund, Länder und Gemeinden kommen überein, bis zum Ende des Jahres 2018 eine Bundessstaatsreform unter Berücksichtigung der Arbeiten des Österreich-Konvents vorzubereiten.“
Wenn Schelling von einem „Einstieg in den Umstieg“ spricht, meint er vor allem die Aufgabenorientierung, über die Steueranteile an Länder und Gemeinden fließen sollen; diese sollen Geld also nicht für irgendetwas bekommen, sondern zunächst für die Kinderbetreuung. Allein: Damit das ab 1. Jänner 2018 im Bereich Elementarbildung (0-6 Jahre) möglich werden kann, soll zunächst bis 1. September 2018 „einvernehmlich“ eine entsprechende Verordnung entwickelt werden. Ähnliches gilt für den Bereich Pflichtschule (6-15 Jahre), für den ein Pilotprojekt dazu „ab 1. Jänner 2019 umgesetzt“ werden soll.
Bei der Wohnbauförderung wird sich in der Praxis wohl weniger ändern, als erwartet: Der Beitrag wird zwar den Ländern übertragen; diese haben untereinander aber vereinbart, an der bestehenden Höhe festzuhalten. Abgesehen davon wird nur eine relative Zweckbindung kommen. Zitat: „Die Länder erstellen Wohnbauprogramme über zumindest zwei Jahre mit einer verbindlichen Wohnbauleistung und binden dafür ausreichend Mittel.“ Damit es nicht zu viel wird, soll nebenbei bis 2018 ein „Paket zur Eindämmung der Kosten im sozialen Wohnbau“ fixiert werden – inkl. einer „generellen Rücknahme von überhöhten Standards und Normen, dies insb. auch im sozialen Wohnbau“.
Für die Pflege ist zwar vorgesehen, die Kostensteigerungen auf 4,6 Prozent pro Jahr, also etwa das Dreifache des Wirtschaftswachstums, zu begrenzen. Allerdings gibt es dazu eine Gummibestimmung: „Zeigen sich aufgrund der demografischen Entwicklung oder außerordentlicher Ereignisse, dass die paktierten 4,6 Prozent p.a. nicht eingehalten werden können, treten Bund, Länder und Gemeinden erneut in Verhandlungen ein.“
Noch immer in den Sternen steht eine vergleichbare Rechnungslegung für die Gebietskörperschaften. Im Pakt heißt es lediglich: „Bund, Länder und Gemeinden bekräftigen die Notwendigkeit, die Rechnungslegungsvorschriften aller öffentlichen Haushalte zu harmonisieren und durch Vorschriften, wie sie in der VRV 2015 vorgesehen sind, eine möglichst getreue, vollständige und einheitliche Darstellung der finanziellen Lage (Liquiditäts-, Ressourcen- und Vermögenssicht) aller Gebietskörperschaften sicherzustellen. Aufgrund der bestehenden Kompetenzlage können weitere Schritte nur einvernehmlich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden in Angriff genommen werden. Leitfäden etc. haben daher ausschließlich Empfehlungscharakter.“
Offen ist schließlich auch das von Schelling gepriesene „Benchmarking“: „Bund, Länder und SV vergleichen sich untereinander, soweit zweckmäßig auch vertikal, hinsichtlich ihrer Effizienz anhand eines Benchmarkings bei allen Aufgabenbereichen (für den Bund z.B. die Bundesministerien und Universitäten, für die Länder z.B. Verwaltung, Krankenanstalten, Pflege, Pflichtschulen). “ Allerdings: „Das konkrete Modell ist einvernehmlich bis Ende 2018 auszuarbeiten und tritt mit 1.1.2019 in Kraft.“