ANALYSE. Der Finanzminister ist mit vielen Vorhaben gescheitert. Die Lehre: Veränderung wollen ist gut. Notwendig wären jedoch Strategien, sie durchzusetzen. Und sie fehlen nun auch im Wahlkampf.
Die NÖN will bereits wissen, wer unter einem Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) Finanzminister wird: der Niederösterreicher Wolfgang Sobotka (ÖVP). Schatzmeister war der 61-Jährige ja schon einmal. So ist es nicht: Bis zu seinem Wechsel nach Wien fungierte er in St. Pölten als Landes-Finanzreferent. Wobei sich die Erfolgsbilanz in Grenzen hielt: Das Land weist zusammen mit seinen Gemeinden nicht nur eine der höchsten Pro-Kopf-Verschuldungen österreichweit auf. Auch wegen seiner Rolle bei einer Landesgartenschau, die am Ende viel mehr kostete als geplant, und der Veranlagung von verkauften Wohnbaudarlehensforderungen stand er in der Kritik (siehe Überblick auf Wikipedia). Doch warten wir ab: Sobotka ist noch nicht Finanzminister. Zuerst muss unter anderem noch gewählt werden.
„Bei Philippi sehen wir uns wieder.“ (Sobotka an Schelling)
Der Mann ist in Bezug auf diese Funktion jedoch auch in einer anderen Hinsicht erwähnenswert: Dass Landeshauptleute und ihre Finanzreferenzen einem Finanzminister das Leben schwer machen, ist die Regel (und liegt ein Stück weit auch in der Natur der Sache). Beinahe zur Hölle gemacht hat es Sobotka seinerzeit jedoch Noch-Finanzminister Hans Jörg Schelling (ebenfalls ÖVP). Als dieser Naheliegendes zum Ausdruck brachte, nämlich dass sich auch die Länder an der Aufarbeitung des Hypo-Debakels beteiligen sollten, stellte er Schelling nicht mehr und nicht weniger als Rache in Aussicht: „Ich sehe nicht ein, warum ich jetzt zahlen soll“, ließ er in einem Kurier-Interview wissen: „Bei Philippi sehen wir uns wieder. Schelling ist bereits mein siebter Finanzminister.“
Man übertreibt nur unwesentlich, wenn man sagt, die Länder halten sich einen Finanzminister.
Mit diesen Worten ist schlimmerweise nicht nur ein gewisses Selbstverständnis zum Ausdruck gekommen; es sind vielmehr noch die tatsächlichen Machtverhältnisse in dieser Republik: Man übertreibt nur unwesentlich, wenn man sagt, die Länder halten sich einen Finanzminister.
Beispiele? Bitteschön: Bei der Steuerreform hatte Schelling das hehre Ziel, die Österreicher ausschließlich zu entlasten. Also nicht etwa eine Gegenfinanzierung über Steuererhöhungen vorzunehmen, wie es dann zur Hälfte geschehen ist. Wobei es sich für die Länder gut traf, dass das auch nicht im Sinne der SPÖ war. So konnten sie eher durchsetzen, dass die Steuereinnahmen, die ihnen über die sogenannten Ertragsanteile zukommen, zumindest einigermaßen gewahrt bleiben. Womit sie halt mitverantwortlich dafür waren, dass Schelling gescheitert ist.
Auch beim Finanzausgleich blieb von den Vorhaben so gut wie nichts übrig.
Bei den Finanzausgleichsverhandlungen vor einem Jahr wollte der Finanzminister die nächste Gelegenheit nützen, zu machen, was sich gehört: Dafür sorgen, dass endlich alle Förderungen erfasst werden, sodass klar wird, wo das Steuergeld überhaupt hinfließt. Die Länder sträubten sich jedoch gegen die Vollendung der dazu nötigen Transparenzdatenbank. Ähnlich lief das bei Schellings Vorhaben, eine Steuerautonomie für die Länder einzuführen und beim Geldverteilen mehr auf die Aufgaben zu achten, die von den Gebietskörperschaften wahrgenommen werden. Von beidem blieb so gut wie nichts übrig.
Die Sache zeigt, dass es nicht ausreicht, Veränderung zu wollen. Die Kunst bei den meisten Fragen ist vielmehr, die gegenseitigen Blockaden von Bund, Ländern, Gemeinden und oft auch Sozialversicherungsträgern zu durchbrechen. Eine Lösung dafür hat bedauerlicherweise noch niemand vorlegen können. Auch in diesem Wahlkampf nicht. Das jedoch wäre das wirklich Entscheidende.
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