ANALYSE. Ausgerechnet Boulevardmedien wie die Krone bitten Politiker, sich an „ORF-Gagen“ und damit auch ihren Beziehern abzuarbeiten. Zu viele machen mit.
Ja, ja, über die Höhe der „ORF-Gagen“, die die Krone hier angegeben hat, kann man sich als Laie wundern: 472.701,82 Euro Jahresbrutto für Robert Kratky dafür, dass er auf Ö3 Sprüche klopft; oder 451.709,57 Euro und damit mehr als für den Generaldirektor (Roland Weißmann) für den „Sicherheitsbeauftragten“ Pius Strobl. Man sollte jedoch aufpassen und Zahlen nicht in Relation zu einer Durchschnittspension einer österreichischen Frau stellen, wie die Krone das ebenfalls tut.
Wenn, dann wäre es angemessen, darauf zu achten, was branchen- bzw. marktüblich ist. Wobei: Dem baut die Zeitung dadurch vor, dass sie argumentiert, die ORF-Spitzenverdiener würden ja für keinen Privatbetrieb arbeiten, der sich seine Gehälter auf dem freien Markt verdienen muss. Sie würden vielmehr von den „Zwangsgebühren“ aller österreichischen Haushalte leben.
Das ist eine bemerkenswerte Darstellung für ein Boulevardmedium, das sein Geld bei weitem nicht nur auf dem freien Markt verdienen muss. Freier Markt hieße keine Förderungen und weniger öffentliche Inserate. Laut Medientransparenzdatenbank brachten sie der Krone allein im Jahr 2023 insgesamt 13,7 Millionen Euro. Muss sie deswegen offenlegen, wie viel ihr Chefredakteur etwa verdient? Verlangt irgendwer, dass er nicht mehr als sagen wir 10.351,39 Euro brutto pro Monat bzw. ein Nationalratsabgeordneter bekommen sollte? Das Niveau wäre (inhaltlich) nicht weit entfernt von dem, das er gerade zu verantworten hat.
Ex-Medienministerin Susanne Raab, die für die ORF-Bezügetransparenz gesorgt hat, hat ihr Ziel erreicht. Im Unterschied zu FPÖ-Chef Herbert Kickl, der wenigstens offen gegen den ORF agitiert und diesen zu einem Grundfunk zerschlagen möchte, legt sie es eben so an: Im Wissen wie Teile Österreichs funktionieren, hat sie dafür gesorgt, dass „Gagen“ offengelegt werden und damit ihre Bezieher an den Pranger kommen. Dort wird verbal auf sie eingewirkt, um es vorsichtig zu formulieren.
Politiker, die von einer schmerzlichen Budgetdebatte ablenken wollen, machen gerne mit: „Der Spargedanke muss sich auch in den Spitzengehältern niederschlagen“, fordert Medienminister Andreas Babler (SPÖ): „Bevor Leistungen gekürzt, Programme ausgedünnt und eingeschränkt oder junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gekündigt werden, erwarte ich mir Maßnahmen bei den Spitzengehältern. Hier ist die ORF-Führung ganz klar gefordert.“
„Der ORF-Transparenzbericht legt viel Sparpotential offen“, erklärt ÖVP-Generalsekretär Nico Marchetti: „Wenn es sich ein Unternehmen leisten kann, dass es Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt, die mehr verdienen als der Bundespräsident, kann auch der ORF einen Beitrag zur Budgetsanierung leisten.“
Es ist so durchschaubar: Eine echte ORF-Gremienreform, die zu einer Entparteipolitisierung führt und Schluss macht mit den schwarzen und roten Freundeskreisen, wird vorerst nicht und damit vielleicht auch nie durchgeführt. So behalten ÖVP und SPÖ ihre Einflussmöglichkeiten.
Wo bleibt abgesehen davon ein Gesamtkonzept für Inserate und Medienförderungen, bei dem eine Gleichbehandlung von Qualitätsjournalismus angestrebt wird; und zwar unabhängig davon, ob er von der Zeitung X oder dem Sender Y betrieben wird? Bitte warten. Jetzt stehen ORF-Leue am Pranger.
Warum wird jetzt nur der ORF-Beitrag für ein paare Jahre eingefroren, also nicht angepasst, die Parteienförderung laut Regierungsprogramm aber ausschließlich für 2026? Das bleibt eine unbeantwortete Frage: Kaum weniger als über den ORF kann man das Budget über die Parteienförderung sanieren; obwohl sie gemessen an der Bevölkerung eine der höchsten weltweit ist. Wenn es aber ums Prinzip geht, dann ist nicht nur dem ORF, sondern auch den Parteien ein Beitrag zumutbar. Allein schon, um nicht Parteien gegenüber einem großen Medium zu stärken, was demokratiepolitisch fragwürdig wäre.