Viel weniger Regierungsinserate

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BERICHT. Kanzler und Co. lassen nicht nur um zehn Prozent weniger ausgeben als in den vergangenen Jahren. Die Kürzungen fallen viel größer aus.

„Die Bundesregierung bekennt sich zu einem sparsamen Umgang mit öffentlichen Mitteln und reduziert die Budgetansätze für Informationstätigkeiten um 10 % im Vergleich zu den Vorjahresausgaben“, heißt es im Arbeitsübereinkommen von ÖVP, SPÖ und Neos. Es bezieht sich auf das, was gemeinhin als „Regierungsinserate“ bekannt ist. Parlamentarische Anfragebeantwortungen zeigen nun allerdings, dass die Kürzungen sogar 40, 50 Prozent betragen.

Zumindest in Kurz’scher Zeit wiesen das Kanzleramt und das Finanzministerium die höchsten Ausgaben für Inserate aus. Besonders auch hier soll es nun zu weiteren Kürzungen kommen. Gegenüber den geplanten Ausgaben für das vergangene Jahr würden die bereitgestellten Budgetmittel heuer um über 40 Prozent reduziert werden, teilt Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) in einer Anfragebeantwortung mit.

Das Bundeskanzleramt hat unter Sebastian Kurz (ÖVP) in der Coronakrise Inseratenvergaben für die gesamte Regierung übernommen. 2021 betrug das Volumen 30 Millionen Euro. Unter Nachfolger Karl Nehammer (ÖVP) waren es 2023 nur noch gut eine und 2024 rund 2,7 Millionen Euro. Heuer handelte es sich bisher um gerade einmal 55.000 Euro, wie Amtsinhaber Christian Stocker (ÖVP) berichtet.

Laut Budgetansatz hatte das Kanzleramt für die vergangenen Jahre eigentlich jeweils 1,7 Millionen vorgesehen. Für heuer und 2026 sei dieser Ansatz um rund 50 Prozent gekürzt worden, so Stocker. Vorgesehen ist daher nicht einmal eine Million Euro.

Ebenfalls reduziert wird in den Sicherheitsressorts, die vorzugsweise zugunsten von Boulevardblättern werben. Das Innenministerium beispielsweise wendete laut Transparenzdatenbank im vergangenen Jahr 4,1 Millionen Euro auf. Heuer sollen es zweieinhalb und 2026 eineinhalb Millionen Euro werden.

Kanzler Stocker berichtet in seiner Anfragebeantwortung auch von einer anderen Änderung: Es werde bereits „der Fokus der Informationskampagnen von Printschaltungen auf kostengünstigere Onlineschaltungen verlegt. Diese Vorgangsweise wird auch bei zukünftigen Informationstätigkeiten des Bundeskanzleramtes forciert.“

Die Anfragen gestellt hat die Abgeordnete Sigrid Maurer von den Grünen. Sie weist darin auf ein grundsätzliches Problem hin: „Nur ein Bruchteil der Gelder, die Medien von der öffentlichen Hand lukriert haben, ist über Förderung mit klaren, objektiven Kriterien geflossen. Einen deutlich größeren Teil haben Medien über Medienkooperationen der Bundesregierung oder Unternehmen der öffentlichen Hand eingenommen.“

Viel werde „über die Probleme berichtet, die mit dieser hohen Werbeaktivität einhergehen“, so Maurer weiter: „Immer wieder wurde kolportiert, wie Medien Politiker:innen unter Druck gesetzt haben, die nicht „ausreichend“ Inserate geschalten haben. Umgekehrt haben auch Politiker:innen immer wieder Druck auf Redaktionen ausgeübt und mit dem Entzug von Werbegeldern gedroht. Von Kurz bis Kickl, von Faymann bis Ludwig sind diese Praktiken ausführlich überliefert.“

Dieses Abhängigkeitsverhältnis zwischen Politik und Medien müsse endlich beendet werden, damit Medien unabhängig und kritisch berichten könnten, so die Grüne. Tatsächlich sind Kürzung bei Inseraten, die willkürlich vergeben werden und mit denen potenziell immer auch Korruption einhergehen kann, ein möglicher erster Schritt in dieser Richtung. Nicht nur entscheidend, sondern dringlich ist jedoch ein zweiter, der damit verbunden sein muss: Eine Umschichtung der Mittel hin zu Medien- oder Journalismusförderung, die aufgrund von allgemeinen Reichweiten- und Erlöseinbrüchen noch wichtiger geworden ist.

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