ORF-Ethikkodex: Falle gestellt

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ANALYSE. Freiheitliche haben Armin Wolf ins Visier genommen. Sie berufen sich auf Regeln, die sich der öffentlich-rechtliche Sender selbst gegeben hat. Das war absehbar.

Am 9. Juni findet zwar die Wahl zum Europäischen Parlament statt, aber das interessiert Freiheitliche nur am Rande. Sie setzen gerne auch auf Innenpolitisches: „Zwangsgebühren kann man abwählen!“ werben sie mit einem ORF-Schriftzug und einer Skizze, die offenbar Armin Wolf darstellen soll.

Auf den ZIB2-Modrator hat es Spitzenkandidat Harald Vilimsky abgesehen. Die „Anti-FP Twitterei des Herrn Wolf“ falle „ganz klar unter den ORF Ethikkodex“, schreibt er auf X (Twitter).

Es kommt also zum Absehbaren: Auf türkises, aber auch sozialdemokratisches Betreiben hin hat der öffentlich-rechtliche Sender einen „Ethikkodex“ festgelegt. Darin steht unter anderem, wie sich Redakteurinnen und Redakteure in sozialen Medien zu verhalten haben. Beispiel: „Öffentliche Äußerungen, mit denen demonstrativ Sympathie oder Antipathie gegenüber politischen Institutionen, deren Vertreter:innen oder Mitgliedern zum Ausdruck gebracht werden, sind mit dem Selbstverständnis eines unabhängigen und objektiven Medienunternehmens unvereinbar und daher unzulässig.“

Außerdem enthält der Kodex den Hinweis, dass Verstöße auch für den ORF als Organisation einen beachtlichen Schaden mit sich bringen könnten. Dazu angeführt werden Stichworte wie „Zweifel an der Objektivität“ sowie der „Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des ORF“.

Das klingt alles sehr vernünftig. Es setzt jedoch voraus, dass alle relevanten Akteurinnen und Akteure dem Geist gerecht werden, der dem Kodex zugrundeliegt. Das ist jedoch das Problem: Möglicherweise haben die Autorinnen und Autoren genau das übersehen.

Die FPÖ macht von Herbert Kickl abwärts keinen Hehl daraus, dass ihr ein starker, unabhängiger ORF lästig ist. Wobei sie natürlich nie sagen wird, dass ihr unabhängige Journalistinnen und Journalisten unangenehm sind. Sie wird einfach behaupten, dass das Linke seien. Oder dass sie, wie Wolf laut Vilimsky, „Anti-FPÖ-Twitterei“ betreiben würden.

Der ORF will keine Zweifel an seiner Unparteilichkeit aufkommen lassen. Damit stellt er sich selbst eine Falle. Freiheitliche sind schon als große Oppositionspartei in diesem Land nicht vernachlässigbar. Als Regierungspartei, die sie vielleicht schon bald sein werden, werden sie das noch viel weniger sein. Sie werden dann vor allem direkter – zum Beispiel über den Stiftungsrat – Einfluss auf den ORF nehmen können.

Es reicht jedoch bereits, was ist: Wenn Vilimsky und Co. Zweifel an der Unparteilichkeit streuen und nur oft genug wiederholen, wächst der Druck, diesem die behauptete Grundlage zu entziehen. Dagegen zu halten wird im Laufe der Zeit nicht einfacher werden für den Sender. Ob bzw. wie lange er das durchhält? Es wird unter anderem darauf ankommen, dass er sich nicht gezwungen sieht, sich – wie man so sagt – aus pragmatischen Gründen mit der Kickl-Partei zu arrangieren. Darauf ist kein Verlass. Es wäre eher eine Überraschung, wenn er das auf Dauer durchhalten würde, ohne Mitarbeitern wie Wolf einen Maulkorb zu erteilen.

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