ANALYSE. Das Vertrauen in Nachrichten insgesamt ist gestiegen. Bei Menschen, die sich politisch rechts verorten, ist es jedoch extrem klein. Eine Folge von Krisen und Kickl’scher Politik.
Die Nachricht über den Tod von Literatur-Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, die am 17. Juni durch viele Medien ging, war falsch: Sie war von einem Fake-Account ihres Verlags ausgegangen. Ausgerechnet an dem Tag, an dem das „Reuters Institute for the Study of Journalism“ den „Digital News Report“ veröffentlicht hatte. Und zwar mit der Botschaft, dass das Vertrauen in Nachrichten im Allgemeinen hierzulande wieder gestiegen sei. Nach 35 Prozent im Vorjahr hätten ihnen zuletzt 41 Prozent vertraut.
Das deckt sich mit Ergebnissen von Eurobarometer-Standardbefragungen, über die dieSubstanz.at hier berichtet hat: Hatten in den vergangenen Krisenjahren meist weniger als 50 Prozent angegeben, Medien im Allgemeinen zu vertrauen, so taten dies heuer im März und April 61 Prozent von rund 1000 befragten Menschen in Österreich.
Beim „Digital News Report“ wurde auch das Vertrauen in einzelne Nachrichtenmarken abgefragt: Als besonders vertrauenswürdig gelten ORF-Nachrichten (für 63 Prozent der Befragten) sowie die Tageszeitungen „Der Standard“ (60) und „Die Presse“ (59). Sie sind für gut ein Fünftel nicht vertrauenswürdig. Umgekehrt verhält es sich bei Boulevardmedien, wobei im Falle der Gratiszeitung „Heute“ der Anteil derer, die sie nicht vertrauenswürdig finden, mit 40 Prozent sogar etwas größer ist als der Anteil jener, für die sie vertrauenswürdig ist (39).
Am bemerkenswertesten ist jedoch, dass es nach politischer Einstellung der Menschen in Österreich ganz offensichtlich extreme Unterschiede gibt: Von all jenen, die ihre politische Einstellung als „ausgeprägt links“ oder „Mitte-links“ bezeichnen, vertraut die Hälfte Nachrichten im Allgemeinen. Von Männern und Frauen, die sich in der Mitte oder Mitte-rechts verorten, tun das 44 bzw. 43 Prozent. Bei „ausgeprägt Rechten“ handelt es sich hingegen gerade einmal um 22 Prozent. Bei ihnen ist das Misstrauen so groß wie noch nie.
These: Es hat mit Krisen, vor allem aber freiheitlicher Stimmungsmache zu tun. Schreibt FPÖ-Mediensprecher Christian Hafenecker in Aussendungen über Journalismus, setzt er zum Beispiel regelmäßig den Begriff „Systemmedien“ ein – ähnlich wie Herbert Kickl, sein Parteichef, wenn dieser von „Einheits-“ oder „Systemparteien“ spricht und damit alle anderen in einen Topf wirft, um sie zu diskreditieren.
Unter Kickl versucht die FPÖ mehr denn je, das Vertrauen in die vierte Gewalt zu zerstören. Er selbst tat dies etwa erst diesen Montag wieder, als er in der Budgetdebatte des Nationalrats eine Ausweitung der Medienförderung kritisierte und von einer „30-Millionen-Euro-Babler-Spezialförderung für die sogenannten Qualitätsmedien“ sprach (Babler setzte er hier ein, weil Vizekanzler Andreas Babler Medienminister ist). Genauer: Die Mittel seien für „Coronalautsprecher der Vergangenheit“, die Qualitätsmedien seien „diejenigen, die jetzt die Clint-Eastwood-Interviews erfinden oder geschockte Menschen in Graz quasi vor die Kamera und vor das Mikrofon zerren, anstatt sie zu schützen“, so Kickl laut vorläufigem stenographischem Protokoll wörtlich.
Der freiheitliche Haus- und Hofkanal „AUF1“ wird vom Parteichef nicht zu den „sogenannten Qualitätsmedien“ gezählt und ist auch nicht erwähnt worden von ihm. Dabei lieferte der Kanal nach Einschätzung der „Tagespresse“ zum Amoklauf einen „Tiefpunkt“. Die „Tagespresse“ hat seine Berichterstattung von den Stunden nach der Tat dokumentiert. Beispiel: 12.21 Uhr: „AUF1 zeigt ein Video mit den abgedeckten Leichen der Opfer, von der AUF1-Redaktion unterlegt mit trauriger Musik.“