Freispiel für Kickl

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ANALYSE. Die Gratiszeitung „Heute“ teilt gegen Neos aus und lässt den FPÖ-Chef gewähren.

„Auf 1“ gerät unter Druck. Der Kanal, den Freiheitliche von Bundesparteichef Herbert Kickl abwärts gerne einsetzen, um sich an ihre Zielgruppen zu wenden, hat Konkurrenz bekommen. Über die Gratiszeitung „Heute“ müssen sich Kickl und Co. jedenfalls nicht beklagen. Im Gegenteil. Während der „Standard“ von ihrem Wien-Chef Dominik Nepp schon einmal als „Scheißblatt“ bezeichnet worden ist, agiert sie so, dass es dazu angetan ist, eine wahre Freude für sie zu sein.

Ein Audi A4 als Dienstwagen sei Neos-Staatssekretär Sepp Schellhorn zu minder gewesen, titelte sie jüngst etwa. Also gebe es einen A8. Bald darauf behauptete sie, es gebe einen „Wirbel“ um sein Büro mit zusätzlichem Personal. Als Zeuge angeführt ist: „FPÖ-General Michael Schnedlitz“.

Zur Sache mit dem Dienstwagen hat „Falter“-Chefredakteur Florian Klenk gerade einen Newsletter geschrieben, der Entscheidendes anders darstellt. Von wegen der A4 sei Schellhorn zu minder gewesen: Nicht er habe einen neuen Wagen bestellt, sondern das Fuhrparkmanagement des Außenministeriums. Die Bundesbeschaffungsagentur habe einen neuen Leasingvertrag verhandelt – günstiger bei besserer Leistung.

Genauer: Der A8 habe mit 74.320 Euro zwar eine um 20.000 Euro höhere Anzahlung, die monatliche Leasingrate sei mit 867 aber um knapp 450 Euro niedriger. Außerdem werde der Wagen nicht nur für Schellhorn eingesetzt, sondern zum Beispiel auch den diplomatischen Dienst.

Doch zurück zur Gratiszeitung „Heute“, an die im vergangenen Jahr allein steuerzahlerfinanzierte Regierungsinserate in Höhe von 1,2 Millionen Euro gingen, die in gewisser Weise also von allen mitgetragen wird, ob sie wollen oder nicht. Schlagzeile der Ausgabe vom 7. Mai: „Kickl droht „ultimative Abrechnung“ an.“ Im Interview teile der FPÖ-Chef „heftig gegen die Regierung aus“. Man könnte auch sagen: „Heute“ lässt ihn reden, die Hervorhebungen, die sie vornimmt, sprechen für sich: „Was die Regierung macht, ist, wie wenn ein Arzt einen gesunden Patienten halb ins Grab bringt und dann sagt: Jetzt bin ich der Notfallmediziner, der dich wieder fit macht.“ „Was wir da seit 2015 an Milliarden versenkt haben – und jetzt fallen die Einsparungen unseren Pensionisten auf den Kopf …“ „Die ÖVP wird sich fügen“ „ORF-Haushaltsabgabe? Ich bin ein Abbuchungsfall, aber ich werde das jetzt reparieren.“

Das ist so eine Geschichte, die unter anderem erklären könnte, warum es für Freiheitliche so gut läuft. Im jüngsten Wien-Wahlkampf berichtete das Blatt, FPÖ-Kandidat Nepp wolle Fairness und zeigte dazu unter anderem dessen Slogan „Fleißige belohnen statt Asylmillionen“. Ja, Asylberechtigte, denen geholfen wird, hätten oft noch „keinen Tag gearbeitet“.

Ironie der Geschichte, mit der man Nepp oder auch Kickl bei einem Interview konfrontieren könnte, was „Heute“ in den beiden Fällen aber halt nicht getan hat: Der FPÖ-Wien-Chef ist einer der nicht amtsführenden Stadträte, die es in der Bundeshauptstadt absurderweise gibt. Die de facto nichts zu tun haben, „dafür“ aber 11.328,40 Euro brutto pro Monat bekommen. Das ist rund dreieinhalb Mal mehr als ein durchschnittlicher Arbeiter verdient, auch wenn er wirklich buckelt.

Ist die FPÖ verantwortlich dafür? Nein. So sehr sie sonst nicht zögert, Dinge anzuprangern, so sehr tut sie das jedoch hier, wo sie über einen der Ihren Nutznießerin ist. Das lässt tief blicken und könnte umso mehr immer wieder angesprochen werden, sofern man journalistisch tätig sein wollte.

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