ANALYSE. Die Medienförderung soll neu aufgestellt werden. Die drohende Einstellung der „Wiener Zeitung“ und Sparpläne bei „Ö1“ überschatten jedoch alles. Vielfalt und Qualität im Sinne informierter BürgerInnen sind nicht gewollt.
Zu einer Demokratie gehören Medien, die berichten, was ist. Und zwar möglichst viele, weil es sehr unterschiedliche Zugänge geben kann, dieses „Was ist“ unendlich weit ist und Konkurrenz auf möglichst hohem Niveau dem Ganzen nur guttun kann. Insofern ist es eine Katastrophe, dass die „Wiener Zeitung“, die mit 319 Jahren älteste noch erscheinende Tageszeitung der Welt, eingestellt werden soll. Und dass auch bei „Ö1“, dem bedeutendsten Qualitätsradiosender, Kürzungen anstehen.
Medienvielfalt will gepflegt und abgesichert werden. Und zwar auch durch staatliche Förderungen. Wobei das „Wie“ entscheidend ist: Geplant ist nun etwa eine neue Journalismusförderung in Höhe von 20 Millionen Euro pro Jahr. Beschlossen ist noch nichts und das lässt zumindest die Möglichkeit zu, dass es zu Präzisierungen und vor allem auch Weiterentwicklungen kommt. Grund: Eine Zeitung, die viele Journalistinnen und Journalisten beschäftigt, muss nicht gut sein.
Wichtig ist es, mit Förderungen nicht das Ziel zu verfolgen, Abhängigkeitsverhältnisse (zwischen Staat und Medien) zu halten, sondern Medien zu stärken, damit sie so weit auf eigenen Beinen stehen können, wie es sich nur machen lässt. Dazu brauchen sie Geschäftsmodelle, wie die Bezahlzeitung und mehr und mehr noch zahlungspflichtige Digitalangebote. In der Schweiz ist in einem Konzept genau das ins Auge gefasst worden. Das ist nachahmenswert. Damit stößt man nämlich Transformationsprozesse an, sorgt für innovative Medien.
Zu befürchten ist, dass genau das in Österreich nicht beabsichtigt ist. Insbesondere durch Inserate wird hierzulande seit Jahren die Gratiszeitung gefördert, die immer von (Regierungs-)inseraten abhängig bleibt.
Jetzt aber zum Schlimmsten: In der „Wiener Zeitung“ ist die Belegschaft laut „Standard“ vom Geschäftsführer bereits darauf eingestimmt worden, dass sie eingestellt wird. Aus ihr werden soll ein zehn Mal pro Jahr erscheinendes Magazin mit einem neuen Digitalangebot. Staatliche Zuschüsse können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sehr wahrscheinlich auf ein Begräbnis zweiter Klasse hinausläuft.
Problem: Wenn ein Digitalangebot nicht mit einer bestehenden Zeitung über Jahre hinweg wachsen kann, wird es eher kaum wachsen und bald eingehen. Es würde einen Investor mit langem Atem und ohne Gewinnabsichten benötigen; einen, dem eher die Demokratiepflege wichtig ist.
Die „Wiener Zeitung“ ist keine Zeitung mit großer Reichweite. Aber: Mit hochkarätigen Journalistinnen und Journalisten ist sie eine wichtige Stimme in der österreichischen Politik. Ihre Zukunft derart leichtfertig aufs Spiel zu setzen, lässt tief blicken: Man will weder Geist- noch Informations- noch Diskurspflege.
Dazu passen Entwicklungen beim ORF: Durch die Absiedelung von Radioredaktionen aus dem Funkhaus etwa und die Zusammenführung aller Redaktionen auf dem Küniglberg wurde interne Vielfalt riskiert, wie sie gerade bei einem so marktbeherrschenden Medienunternehmen wie eben dem ORF wichtig ist. Jetzt kommen bei „Ö1“, dem Juwel, nicht nur Sparpläne dazu, sondern auch saloppe Ansagen der Direktorin Ingrid Thurnher. Zum Beispiel: „Mehr Content, weniger Köchel-Verzeichnis“.
Armin Thurnher hat das in seinem Blog würdig gewürdigt: „Die Managerin eines öffentlich-rechtlichen Senders, welche die Fangphrase „mehr Content satt Köchel-Verzeichnis“ vorbringt, gehört umstandslos gefeuert.“ Wobei es nicht um mehr oder weniger klassische Musik geht, oder mehr oder weniger Wortsendungen, sondern die Ausdrucksweise. „Content“ etwa steht dafür, eine Website mit irgendwelchen Texten zu befüllen, die suchmaschinentauglich sind, um möglichst viel Werbung auf der Seite platzieren zu können. Alles andere ist nebensächlich bis egal.
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