ANALYSE. Zumal die Machtverhältnisse bei der „Kronen Zeitung“ geklärt sind, ist die SPÖ gefordert, zu reagieren. Sonst läuft nicht nur sie Gefahr, sich erledigen zu lassen.
Die Familie Dichand wird bald noch mächtiger sein. Wie der „Standard“ zuerst beichtet hat, steht sie davor, die Alleinherrschaft bei der größten Tageszeitung Österreichs, der „Krone“, zu übernehmen. Über einen Teil der Familie ist sie ja auch beim zweitgrößten Blatt, „Heute“, bestimmend.
Das ist nicht verboten. Viel Macht in einer Hand ist aber grundsätzlich kritisch und in diesem Fall ganz besonders. Hier geht es um Kampagnenjournalismus, der sich derzeit gegen SPÖ-Chef Andreas Babler richtet. Kaum eine Morgenpost des „Krone“-Chefredakteurs ohne entsprechenden Inhalt.
Dafür gibt es zumindest drei Erklärungen: Babler ist ein Linker und mit Linken hat die „Krone“ traditionell eher ein Problem als mit Rechten. Siehe auch Caspar Einem in den 1990er Jahren. Bei Babler kommt hinzu, dass er das aus ihrer Sicht überhaupt Schlimmste fordert, nämlich Vermögenssteuern.
Abgesehen davon lassen sich ebenso wie mit Herbert-Kickl- oder einst Sebastian-Kurz-Beiträgen mit Anti-Babler-Texten Klicks bzw. Leserinnen und Leser gewinnen. Das ist ein Geschäftsmodell. Es basiert auf gnadenloser Polarisierung.
Dazu kommt, dass Babler im Unterschied zu seinem Genossen, dem Wiener Bürgermeister Michael Ludwig, nicht gewillt ist, Inserate zu vergeben als gäbe es kein Morgen. Das ist aus „Krone“-, aber auch „Heute“-Sicht unverzeihlich. Hier geht es um Existenzielles.
Wie hier ausgeführt, wäre es ein Fehler, alles mit dem Hinweis zu relativieren, dass die „Krone“ eh auch an Reichweite verliere: Erstens verlieren fast alle und zweitens läuft eine Fragmentierung des Medienmarktes. Hier bleibt sie die große Nummer eins. Vor allem, wenn man „Heute“ mit berücksichtig.
Auf der anderen Seite ist sie noch nie mit einem so geringen politischen Gegengewicht konfrontiert gewesen. Natürlich haben die meisten Kanzler und Parteivorsitzenden, die erfolgreich sein wollten, auch in der Vergangenheit geschaut, dass sie sich mit ihr arrangieren.
Heute können sie es sich jedoch weniger denn je leisten, sie gegen sich zu haben. Christian Stocker agiert ebenso aus einer Position der Schwäche heraus wie es Andreas Babler tut. Stocker hat das Glück, dass ihm die „Krone“ noch einigermaßen wohlgesonnen gegenübersteht, aber Babler ist hier auf verlorenem Posten.
Insofern wäre es wichtig, dass es in der SPÖ zu einer Klärung kommt. Insbesondere Ludwig ist gefordert. Es geht um eine schlichte Fragestellung: Stellt man sich jetzt hinter Babler oder sorgt man für eine Nachfolge, mit der man glaubt, sich eher identifizieren können; oder lässt man die „Krone“ einfach weiter Babler und die SPÖ niedermachen, bis beide erledigt sind. Gibt man sich also geschlagen. Es wäre der Weg zur Mediokratie, in der eine Verlegerfamilie weiß, dass sie es sich richten kann.