Kein Licht am Ende des Tunnels

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ANALYSE. Österreich hat noch sehr große Herausforderungen zu bewältigen, um die Gesundheitskrise überwinden zu können.

Vor zehn Monaten, am 13. Juni 2020, schrieb Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) auf Facebook wörtlich, „wir“ hätten die gesundheitlichen Folgen der Krise überstanden. Zu seinem Rücktritt erklärte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grün) nun, dass es noch größere Herausforderungen gebe. So sehr auch er mit Prognosen in der Vergangenheit immer wieder daneben lag, so ernst zu nehmen ist diese Aussage; selbst wenn man berücksichtigt, dass das Infektionsgeschehen in Wirklichkeit kaum über den Tag hinaus berechenbar ist.

Grund eins: Wenn man sich die Entwicklung der CoV-Intensivpatientinnen und -patienten anschaut, kehrt Ernüchterung ein. Aktuell beträgt die Zahl 599 (13. April). Am Höhepunkt der ersten Welle im vergangenen Frühjahr war sie mit 267 weniger als halb so hoch und am Höhepunkt der zweiten Welle im Herbst „nur“ um ein Sechstel höher. Natürlich: Die Auslastung nach Bundesländern ist sehr unterschiedlich und mit den Kapazitäten ist das überhaupt so eine Sache; wenn aber ÄrztInnen und PflegerInnen glaubhaft berichten, längst an der Grenze angelangt zu sein, dann ist das alarmierend.

Der Punkt, um den es hier geht, sind jedoch die Perspektiven: Von der ersten und der zweiten Welle weiß man, dass es relativ lange dauert, bis eine Entspannung einkehrt. Schlimmer: Die Kurvenverlauf lässt die Aussage zu, dass Österreich nie wirklich aus der zweiten Welle herausgekommen ist. Bis Mai oder Juni scheint das schwer bis unmöglich zu sein.

Seine Hoffnung auf ein Licht am Ende des Tunnels bzw. eine Rückkehr zur Normalität im Sommer begründet Sebastian Kurz unter anderem damit: mit der Testoffensive; und mit den Impfungen. Da wie dort gibt es jedoch ein unterbelichtetes Problem: Im ersten Fall gibt es mittlerweile ausreichend, im zweiten noch immer zu wenig Angebot (Impfstoffmangel); in beiden Fällen hapert es letzten Endes bei der Nachfrage.

Das zeigen Befragungen, die die Uni Wien im Rahmen des „Austrian Corona Panel Projects“ regelmäßig durchführt: Mitte März haben ganze 30,6 Prozent angegeben, dass sie sich in den vorangegangen vier Wochen kein einziges Mal testen ließen; weitere 19,1 Prozent taten dies eigenen Angaben zufolge nur ein Mal. Und: Frühere Erhebungen zeigen, dass Leute, die sich kaum oder nie testen lassen, nicht unbedingt weniger Kontakte pflegen.

Schlimmer: Auch Mitte März hat mit 47 Prozent noch nicht einmal eine Mehrheit der Befragten erklärt, sich bei nächstmöglicher Gelegenheit eher oder fix impfen zu lassen. 35 Prozent sagten, dies fix oder eher nicht tun zu wollen. Bleiben sie dabei, erreicht Österreich eine Impfquote von gerade einmal 65 Prozent – und damit wohl keine Herdenimmunität.

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