KOMMENTAR. Die Eindämmung des Coronavirus ist eine vergleichsweise einfache Übung gewesen – gemessen an dem, was kommt. Entsprechend weit gehen nun die Phantasien einiger Politiker.
Das ist erfreulich: Zumindest bisher hat sich COVID-19 in Österreich nicht exponentiell entwickelt. Tirol war gerade noch rechtzeitig eine Warnung, einschneidende Freiheitsbeschränkungen vorzunehmen und die Republik auf „Notbetrieb“ zurückzufahren. Ergebnis: Nach den Prozentsätzen ist zuletzt auch die absolute Zahl der Neuinfektionen stark gesunken. Und überhaupt: Damit einher geht die fast logische Entwicklung, dass die Zahl der Genesungen neuerdings sogar klar überwiegt.
Wie gesagt, das ist erfreulich, aber noch nicht das Ziel. Wenn so oft von einem Marathon die Rede ist, dann muss man einmal näher ausführen, was das heißt: Zu Beginn geht’s fast fliegend leicht dahin, sodass man Gefahr läuft, in eine Euphorie zu verfallen. Erfahrenere Läufer wissen, dass es zu früh für Emotionen ist und entscheidend, sich einzubremsen. Irgendwo bei der Hälfte beginnt man die Kilometer zu spüren und auf dem letzten Viertel wird’s wirklich hart. Jeder weitere Schritt wird gefühlt doppelt so schwer wie der vorherige. Soll man überhaupt weitermachen? Das Problem ist, dass Kopf und Körper mehr und mehr dagegenhalten – und dass das zwei gegen einen sind.
Soll heißen: Wenn wir jetzt einen ersten Teil des Marathons absolviert haben, dann ist das schön, aber halt sehr, sehr relativ. Konkret: Weil gerade noch rechtzeitig nach den Entwicklungen in Tirol gehandelt worden ist, konnte dem Coronavirus vorerst Einhalt geboten werden; und natürlich auch weil die Menschen sehr diszipliniert zu Hause geblieben und im Übrigen auf Distanz zueinander gegangen sind.
Aber so kann es nicht weitergehen. Bald müssen Betriebe, Kindergräten und Schulen wieder hochgefahren werden. Und dann sind Kontakte und damit auch höhere Infektionsrisiken unausweichlich. Das ist das eine. Das andere: Man muss jetzt selbst aufpassen, nicht zu leichtfertig zu werden; wenn es kaum noch jemanden trifft, könnte man anfangen, die eine oder andere Beschränkung zu ignorieren. Womit eine zweite COVID-19-Welle droht, weil man ja nicht alleine so tickt.
Nicht viel weniger gefährlich sind jedoch Politiker, die dem in einer Art und Weise begegnen wollen, wie das in den vergangenen Wochen üblich geworden ist: In Nacht-und-Nebelaktionen werden Maßnahmen fixiert, die sich eher allein an einem Notstand und so gar nicht an demokratischen Verhältnissen und Grundrechten orientieren. Ganz brutal formuliert: Die Freiheit des Einzelnen ist aufgehoben. Privatsphäre ist uninteressant. Per Ostererlass wird vorgegeben, mit wie vielen – und im Grunde genommen auch welchen – Leuten man die Feiertage verbringen darf. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) macht zudem den Vorstoß, alle dazu zu verpflichten, die Corona- bzw. Einander-kontrollieren-App auf dem Smartphone zu installieren. Wenig später rudert er zurück, doch der Kanzler überlegt noch. Bleibt also alles möglich. Zumal die Grünen ziemlich berechenbar geworden sind: Letzten Endes tun sie, was von ihnen verlangt wird. Grundsatztreue ist seit Regierungseintritt keine relevante Kategorie mehr für sie.
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