Wo politisches Versagen vorliegt

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ANALYSE. Wachsende Überschwemmungsrisiken aufgrund der Klimakrise sind bekannt. Österreich ist besonders betroffen. Ein aktueller OECD-Bericht weist auf Probleme im System hin, die nicht und nicht gelöst werden.

Der OECD, also der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, kann man schwer unterstellen, das zu sein, was Freiheitliche, aber auch Türkise insbesondere Grünen gerne vorwerfen: ideologiegetrieben, wenn es um Fragen des Klimaschutzes geht. Umso bemerkenswerter ist nicht zuletzt im Lichte der aktuellen Hochwasserkatastrophe, was sie in ihrem jüngsten Österreich-Bericht schreibt; nämlich über die wirtschaftliche und soziale Entwicklung hinaus: Das Land sei aufgrund des Klimawandels einem zunehmenden Überschwemmungsrisiko ausgesetzt. Weniger anderen klimabedingten Gefahren, diesem aber ganz besonders. Es dürfte häufiger zu größeren Überschwemmungen mit schwerwiegenden Folgen kommen.

Das Problem wird vor allem dadurch vergrößert, dass in Österreich vergleichsweise viele Menschen in einem Gebiet zu Hause sind, das von einem 10-jährlichen Hochwasser betroffen wäre: Es handle sich um ein Viertel der gesamten Bevölkerung, so die OECD. In Europa gibt es nur drei Staaten, in denen es gleich viele oder mehr sind: In der Schweiz mit ebenfalls 25 Prozent, in der Slowakei mit 29 Prozent und in Lettland mit ganzen 37 Prozent.

Sonst sind es überall weniger. In Deutschland zum Beispiel mit 20 Prozent. Oder in Frankreich und Italien mit jeweils 13 Prozent. Ganz zu schweigen von Griechenland (vier) und Dänemark (drei Prozent).

Man würde es sich jetzt zu einfach machen, das alles mit dem Hinweis vom Tisch zu wischen, dass die Topographie eine Rolle spiele; oder die Tatsache, wie viele Menschen an Flüssen leben.

Die OECD sieht in Österreich eine verhängnisvolle Geschichte; nämlich zersplitterte Zuständigkeiten in Bezug auf Siedlungs- und Baufragen. Ein Teil liege bei örtlichen Behörden, also Gemeinden, „die Risiken in Bezug auf überschwemmungsgefährdete Gebiete möglicherweise nicht verinnerlicht“ hätten. Hochwasserschutz selbst werde wiederum auf Bundes-, Landes-, Bezirks- und Gemeindeebene betrieben. Empfehlenswert wäre da eine Bündelung von Zuständigkeiten, inkl. bundesweiter „Regelungen zum Flächenverbrauch“.

Aber daran hapert es bekanntlich politisch: Im Unterschied zu Grünen ist die ÖVP gegen eine verbindliche Begrenzung des Bodenverbrauchs. Wie sie, nebenbei bemerkt, auch gegen die europäische Renaturierungsverordnung ist und Gewessler aufgrund ihrer Zustimmung dazu als „Staatsgefährderin“ bezeichnet.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) schreitet bei der gegenwärtigen Hochwasserkatastrophe an der Spitze des staatlichen Krisenmanagements zu dem, was notwendig ist: Hilfe nach dem „Koste es, was es wolle“-Prinzip. Das ist jetzt, da wieder einmal furchtbar viel Siedlungs-„Land unter“ ist, schier alternativlos.

Mit derlei geht laut OECD aber auch etwas einher: In Österreich hat kaum jemand eine Hochwasserversicherung abgeschlossen. Die Marktdurchdringung betrage fünf Prozent. In Deutschland liege sie bei 40, in Frankeich und der Schweiz bei 100 Prozent. Dort herrsche Versicherungspflicht. Zitat OECD: „Die geringe Inanspruchnahme von Hochwasserversicherungen spiegelt wahrscheinlich zum Teil die Überzeugung wider, dass die Regierung über den Katastrophenfonds einspringen wird, um Schäden zu kompensieren.“

Natürlich: Diesen Zustand kann man hinnehmen, also nicht ändern, wenn man Anhänger einer völligen Vergemeinschaftung derartiger Risiken ist. Dass dies aber auch von vermeintlichen Anhängern von Eigenverantwortung, Leistung und dergleichen gemacht wird, also Türkisen und Freiheitlichen, ist bezeichnend; sie entpuppen sich hier als schlichte Populisten. Abgesehen davon bleibt eben das Problem, dass verfehlte Politik dazu geführt hat, dass jeder vierte Mensch in Österreich in einem Hochwasserrisikogebiet wohnt; und dass hier in den kommenden Jahren mit steigender Tendenz noch sehr hohe Kosten auf alle zukommen könnten.

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