Verhängnisvolle Einbürgerungspolitik

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ANALYSE. Österreich zählt zu den EU-Staaten mit den meisten Ausländer:innen, aber wenigsten Staatsbürgerschaftsverleihungen. Das ist gewollt – und zum eigenen Schaden.

Zur Einbürgerungsquote gibt es nichts Neues zu berichten. Laut Eurostat belief sie sich in Österreich im Jahr 2022 auf 0,7 Prozent. Niedriger war sie nur in zwei Mitgliedsländern der Europäischen Union: In Estland und in Lettland betrug sie jeweils 0,4 Prozent.

Die Quote bringt zum Ausdruck, wie viele Staatsbürgerschaftsverleihungen es gemessen an der Gesamtzahl der Ausländerinnen und Ausländer gibt, die im Land leben. Das eine oder andere ist dabei selbstverständlich relativierend. So wird nicht berücksichtigt, wie viele Jahre seit der Zuwanderung verstrichen sind. Dennoch: In Österreich ist die Quote traditionell eine der niedrigsten im gesamten EU-Raum. Durchschnittlich lag sie vor zwei Jahren bei 2,6 Prozent. Am höchsten war sie in Schweden (10,6 Prozent), Rumänien (8,8), den Niederlanden (4,4) und Italien (4,3 Prozent).

Dass in Österreich relativ wenige Einbürgerungen erfolgen, ist umso bemerkenswerter, als es umgekehrt zu den EU-Staaten zählt, in denen weit überdurchschnittlich viele Ausländerinnen und Ausländer leben: Der Anteil belief sich 2021 auf 16,9 Prozente und setzt sich jeweils zur Hälfte zusammen aus Angehörigen anderer EU-Staaten sowie ebensolchen von Nicht-EU-Staaten. Höher war der Gesamtanteil in jenem Jahr nur in Zypern (18,5), Malta (20,1) und dem kleinen Luxemburg (47,1 Prozent).

Sprich: Österreich nimmt eine Masse von mittlerweile weit mehr als eineinhalb Millionen Menschen in Kauf, die hier sind, aber nicht voll dazugehören. Bei denen es sich etwa insofern um Bürgerinnen und Bürger zweiter Klasse handelt, als sie Steuern zahlen, aber nicht an Wahlen teilnehmen, also mitreden dürfen. Es liegt in der Natur der Sache, dass das zu Spannungen beitragen kann.

All das wird jedoch in Kauf genommen, weil ein politisches Prinzip hochgehalten wird. Die Einbürgerung muss demnach am Ende einer „erfolgreichen Integration“ (Integrationsministerin Suanne Raab, ÖVP) stehen. Zwar gibt es keinen EU-Staat, der Zugewanderte grundsätzlich gleich einbürgert. Viele tun es aber früher. Einige erlauben zudem Doppelstaatsbürgerschaften.

Der Zugang hier ist nicht, zu sagen, die Staatsbürgerschaft sei kein hohes Gut und könne daher beliebig vergeben werden. Entscheidend ist vielmehr die Überlegung, dass Integration durch eine Einbürgerung beschleunigt werden kann; dass es sich um eine Einladung handelt, Teil einer Gesellschaft zu werden, in der Aufklärung, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit maßgebend sind.

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