BERICHT. Österreich ist bei Staatsbürgerschaftsverleihungen extrem zurückhaltend im europäischen Vergleich. Ob das klug ist? Eine Debatte darüber kommt nicht einmal zustande.
Rund 19.000 Einbürgerungen hat Österreich im Jahr 2023 vorgenommen. Davon entfielen knapp 8000 auf Menschen, die im Nationalsozialismus verfolgt worden sind oder deren Nachkommen. Fast alle von ihnen leben im Ausland. Bleiben rund 11.000 weitere Einbürgerungen. Beziehungsweise 1,3 pro 1000 Einwohner.
Das ist ein vergleichsweise geringer Anteil: In Luxemburg beträgt er laut Eurostat 8,8, in der Schweiz 5,8 und in Schweden 6,4. Dort ist er auch gemessen an der Gesamtzahl der ausländischen Staatsangehörigen wesentlich höher als in Österreich.
Österreich betreibt eine restriktive Einbürgerungspolitik. Und dabei soll es auch bleiben. Mehr oder weniger unverändert aus dem ÖVP-Wahl- ins Regierungsprogramm geschafft hat es dieser Satz: „Die Staatsbürgerschaft ist ein hohes Gut und soll es auch bleiben. Sie steht am Ende des erfolgreichen Integrationsprozesses.“
Die Stadt Wien hat auf Initiative von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) vergeblich für eine Lockerung geworben und dazu auch eine Studie erstellen lassen. Darin wird nicht nur darauf hingewiesen, dass ein wachsender Teil der Bevölkerung über kein Wahlrecht verfügt, sondern auch erklärt, dass Integration durch Einbürgerungen sogar beschleunigt werden könnte.
Untersuchungen würden etwa zeigen, dass damit positive Effekte auf Löhne, Sozialkontakte und die Erwerbsquote von Migrantinnen und Migranten einhergehen. Allein: Der Wiener Versuch, eine Debatte anzustoßen, ist gescheitert; es ist zu keiner solchen gekommen.
Gerne wird erklärt, Ludwig sei vor allem für beschleunigte Einbürgerungen, weil Menschen mit Migraitonshintergrund eher links wählen würden. Zumindest für Deutschland liegen aktuelle Daten zum Wahlverhalten vor. Sie zeigen, dass es sich bei der jüngsten Bundestagswahl um eine Frage der Herkunft handelte. Bei den einen lag die SPD vorne, bei anderen die AfD.
Gerade in Wien ist der Anteil der Menschen mit einer nicht-österreichischen Staatsbürgerschaft hoch. Bei Gemeinderatswahlen sind sie generell nicht wahlberechtigt. Stadtweit sind das mit 35 Prozent mehr als sein Drittel der Bevölkerung. In Margareten (5. Bezirk) handelt es sich um 42 sowie in Favoriten (10.) und der Brigittenau (20.) gar um 43 Prozent. An der Spitze steht Rudolfsheim-Fünfhaus (15.), wo mit 45 Prozent fast jede zweite Person ab 16 nicht mitentscheiden darf.