Neben Schwarz-Blau gibt’s viel Potenzial

ANALYSE. Im Moment stehen ziemlich viele Österreicher, die sich nach mehr Offenheit sehnen, ohne Angebot da. Zumindest theoretisch eine Chance für SPÖ, NEOS und Grüne.

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ANALYSE. Im Moment stehen ziemlich viele Österreicher, die sich nach mehr Offenheit sehnen, ohne Angebot da. Zumindest theoretisch eine Chance, für SPÖ, NEOS und Grüne.

Die politische Auseinandersetzung spielt sich nach Ansicht des britischen „Economist“ nicht mehr zwischen Links und Rechts ab. Es gehe um etwas ganz anderes, nämlich einen „Kampf zwischen den offenen und den geschlossenen Visionen der Gesellschaft“. In Frankreich habe sich mit dem sozialliberalen Pro-Europäer Emmanuel Macron zuletzt die Offenheit durchgesetzt.

In Österreich mit Schwarz-Blau die Geschlossenheit, wie man hinzufügen könnte: Unter dem Eindruck der Flüchtlingskrise hat sich mit dieser Koalition ein Kurs durchgesetzt, der für Grenzen und Kontrollen steht; und gegenüber Brüssel wird eher eine gewisse Renationalisierung angestrebt, siehe Verweis auf die Nettozahler-Position im Hinblick auf die Haushaltsverhandlungen, Rückzug aus einer gemeinsamen Außenpolitik und Indexierung der Familienbeihilfe für EU-Mitbürger.

100 Prozent gibt es ganz sicher nicht für eine Politik der Geschlossenheit. Im Gegenteil.

Das ist, wie man nicht zuletzt aufgrund des Ergebnisses vom vergangenen Oktober annehmen kann, mehrheitsfähig. 100 Prozent gibt es aber ganz sicher nicht für eine Politik der Geschlossenheit. Im Gegenteil, um dies am Beispiel der Europapolitik weiterzuführen: Die Stimmung gegenüber der EU hat sich zuletzt zumindest gegenüber dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 deutlich verbessert. Immerhin 58 Prozent sehen ihre Zukunft laut „Eurobaromter“ sehr oder ziemlich positiv.

All jene, die sich nach Offenheit sehnen, haben jedoch ein Problem: Um das politische Angebot ist es im Moment eher schlecht bestellt. Was umgekehrt bedeutet, dass für ein entsprechendes Angebot ein nennenswerteres Wählerpotenzial vorhanden wäre.

Auf einer Skala von weniger zu mehr Offenheit kann man SPÖ, Grüne und NEOS wohl so einordnen:

  • Bei der SPÖ gibt es zumindest gesellschaftspolitisch eine größere Offenheit. Im Übrigen sind einer solchen jedoch Grenzen gesetzt. In der Wettbewerbspolitik beispielsweise. Aber auch in der Migrationspolitik. Mit Michael Ludwig als Wiener Bürgermeister sowie Hans Peter Doskozil als burgenländischem Landeshauptmann zeichnet sich hier sogar Geschlossenheit im Sinne von Schwarz-Blau ab.
  • Die Grünen sind überhaupt nach wie vor in einer Selbstfindungsphase. Ergebnis ebenso offen, wie ihre Offenheit in der Vergangenheit relativ war: Viel davon gab es z.B. in Gesellschafts- und Migrationspolitik. Weniger dagegen u.a. in Welthandelsfragen, siehe Widerstand gegen TTIP und CETA.
  • Die NEOS stehen für die wohl breiteste Offenheit, sie betrifft alle der bisher genannten Politikfelder. Ihre Herausforderung ist jedoch bekannt: Verkörpert hat ihren Kurs bisher vor allem Matthias Strolz; er war „die Marke“, wie Michael Völker im „Standard“ schreibt. Seine Nachfolgerin oder sein Nachfolger muss das erst einmal zusammenbringen.

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