Leichter wird’s nicht

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ANALYSE. Der steirische Bezirk Liezen mit der Debatte über ein Leitspital und dem Wahlergebnis vom vergangenen Sonntag enthält ein paar Botschaften für ÖVP und SPÖ.

Ob die Regierung, an der ÖVP, SPÖ und Neos arbeiten, erfolgreich werden kann? Die „Krone“ bemüht sich, sie scheitern zu lassen und schreibt daher beharrlich-verächtlich „Zuckerl-Koalition“. Im Übrigen kommt es darauf an, von welchen Zielen man ausgeht. Karl Nehammer (ÖVP) begnügt sich mit „Kein Weiter wie bisher“. Das sollte machbar sein. Andreas Babler (SPÖ) sagt umgekehrt, es gehe darum, „das Leben der Österreicherinnen und Österreicher wieder leichter zu machen“. These: Das ist unerreichbar.

Vor uns stehen Zeiten des allenfalls Fast-Null-Wachstums sowie zahlreicher Unsicherheitsfaktoren. Da ist „Leichter“ keine Kategorie. Ein Sozialdemokrat könnte von „gerechter“ sprechen. Ein Pragmatiker von „bestmöglich“.

Vielleicht haben die jüngsten Wahlergebnisse auch damit zu tun, dass alle merken, dass sich sehr viel verändert und (gefühlt) verschlechtert. Dass Herbert Kickl das ausspricht (und hemmungslos ausnützt, um sich als autoritärer „Volkskanzler“ anzubieten). Dass es im Übrigen aber Politiker gibt, die erklären, man sei bisher gut durch die Krisen gekommen, oder die allenfalls ankündigen, für bessere Verhältnisse zu sorgen. Frei nach Karl Nehammer durch eine Vergrößerung des Kuchens, der dann aufgeteilt werden kann. Wobei das Problem ist, dass niemand glaubt, dass das noch möglich ist.

Das muss sich ändern. Im steirischen Bezirk Liezen, der flächenmäßig um ein Viertel größer ist als Vorarlberg, bevölkerungsmäßig im Unterschied zum westlichsten Bundesland aber verliert und derzeit um rund 80 Prozent weniger Einwohner hat als dieses, haben es ÖVP und SPÖ nicht geschafft, den Leuten zu vermitteln, dass sich im Gesundheitswesen etwas ändern muss. Angestrebt wird für die Region ein sogenanntes Leitspital, das die Krankenhäuser in Rottenmann, Schladming und Bad Aussee ersetzen soll. Eine Begründung lautet, dass das Personal durch die wenigen Fälle ebendort nicht ausreichend geübt sei. Das klingt plausibel.

In Rottenman ist Bürgermeister Günter Gangl stolz auf das Landtagswahlergebnis: 63 Prozent FPÖ. Er sei stolz, sagt er, dass man ein so klares Zeichen nach Graz geschickt habe, dass man gezeigt habe, wie sehr man hinter „unserem Spital“ stehe.

Günter Gangl gehört nicht der FPÖ an. Sondern der ÖVP. Aber das sei zweitrangig, betont er. Örtliche Interessen hätten Vorrang für ihn.

dieSubstanz.at kann nicht beurteilen, welche Struktur im Bezirk Liezen optimal sein könnte. Dieser Bezirk steht mit seinem Problemen aber stellvertretend für ein ländliches Österreich, das zu einem erheblichen Teil schrumpft und wo die FPÖ die größten Wahlerfolge feiert. Problem? Sie tut es unter anderem, weil hier Hoffnungen verloren gegangen sind und es niemand schafft, das aufzufangen.

Im Bezirk Liezen ist die Bevölkerung insgesamt allein seit 2010 um 1,4 Prozent zurückgegangen und beträgt heute weniger als 80.000. Der Rückgang klingt harmlos. Aber: Bei den unter 60-Jährigen gab es einen Einbruch von zehn Prozent, die Zahl der ab 60-Jährigen hat hingegen um 24 Prozent zugenommen. Wo soll da das Personal herkommen, das in den Supermärkten, die es noch gibt, gebraucht wird? Oder eben auch im Gesundheits- und im Pflegewesen, das durch eine alternde Gesellschaft mehr und mehr gefordert ist?

Screenshot

Von der Bevölkerungsentwicklung im Bezirk insgesamt gibt es von Gemeinde zu Gemeinde Abweichungen. Interessant ist, dass auch die Städte Schladming (6500 Einwohner) und Rottenmann (5000) verlieren. Umgekehrt wächst Ramsau am Dachstein (2900), wo sich niederlässt, wer es sich leisten kann, um auf über 1100 Metern Seehöhe eher noch einen Winter erleben und im Sommer der Hitze der Niederungen entfliehen zu können.

Um sechs Prozent mehr Menschen als 2010 leben hier. Allein: Es sind heute weniger unter 60-Jährige und um fast die Hälfte mehr ab 60-Jährige. Abgesehen davon gibt es Orte, die um ein Fünftel weniger Einwohner haben als vor 14 Jahren (Wildalpen, Landl): In einem solchen Umfeld ist es schwierig, ein öffentliches Leben mit einer Grundversorgung – also Kinderbetreuung, Bildung, Gesundheit etc. – in gewohnter Weise aufrechtzuerhalten.

Hier muss Politik zu neuen Meinungsbildungs- und Entscheidungsbildungsprozessen übergehen. Möglichst viele Menschen zu Beteiligten mit einem Problembewusstsein machen. Und Ziele revidieren. Nicht leichter, sondern bestmöglich etwa. Vielleicht hilft’s.

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