Kocher überfordert die ÖVP

-

ANALYSE. Wenn man wirklich für mehr Erwerbstätigkeit sorgen möchte, muss man traditionelle Rollenbilder überdenken und die Korridorpension abschaffen.

Österreich hat ein Problem: Es läuft auf einen Rückgang der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter und damit auch einen Arbeitskräftemangel in der Pflege und in vielen anderen Bereichen hinaus. Ein Zuwanderungsland möchte man aber nicht sein. Insofern hat Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) auf einen alternativen Ansatz zur Linderung des Problems verwiesen, indem er sich dafür aussprach, für mehr Vollzeitbeschäftigte zu sorgen.

Seiner Partei kann das freilich genauso wenig passen wie eine Zuwanderungsdebatte. Und das hat nicht nur damit zu tun, dass Kocher zunächst vorgeschlagen hat, durch eine Kürzung von Sozialleistungen all jene zu bestrafen, die freiwillig „nur“ Teilzeit arbeiten; was ziemlich unpopulär ist.

Es geht eher darum, dass bei einer ernsthaften Auseinandersetzung an ein paar Dingen gerüttelt werden müsste, die zumindest für Türkise tabu sind.

Grundsätzlich wäre es wichtig, mehr Menschen in Erwerbstätigkeit zu bringen. Und nicht so sehr, aus Teil- Vollzeitbeschäftigte zu machen. Teilzeit steht sehr oft ja noch immer dafür: Ein Job neben Ausbildung oder Kinderbetreuung; oder einfach nur ein Zuverdienst.

Größeren Spielraum würde es geben, wenn man bei den Menschen ansetzen würde, die nicht erwerbstätig sind. Ein Blick in die Statistik zeigt, dass das zunächst eher Frauen als Männer sind (siehe Grafik). These: Hier stehen neben überhaupt fehlenden Kinderbetreuungsangeboten da und dort auch traditionelle Rollenbilder im Weg, wonach die Frau zu Hause bleibt.

Wichtiger aber ist dies: Der Altersgruppe der 55- bis 64-Jährigen gehören 1,3 Millionen Männer und Frauen an. Nur die Hälfte ist erwerbstätig. Hunderttausende könnten also mobilisiert werden. Bei Frauen wird sich infolge der Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters auf 65 in absehbarer Zeit etwas tun. Männer gehen durchschnittlich jedoch schon länger konstant mit 63 in die Alterspension. Dabei dürfte es bleiben, sie nützen die Möglichkeit, die ihnen durch die Korridorpension geboten wird. Um das zu ändern, müsste sie gestrichen werden.

dieSubstanz.at ist ausschließlich mit Ihrer Unterstützung möglich. Unterstützen Sie dieSubstanz.at gerade jetzt >

dieSubstanz.at – als Newsletter, regelmäßig, gratis

* erforderliche Angabe


Könnte Sie auch interessieren

1 Comment
DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner