Es sind die Abstiegsängste, Dummkopf!

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BERICHT. Eine WU-Studie bekräftigt: Eine Mittelschicht, die befürchtet, zu verlieren, tendiert zu rechten Parteien wie der FPÖ. Jetzt ist die Gefahr größer denn je.

Wahlhelfern des damaligen US-Präsidentschaftskandidaten Bill Clinton wurde 1992 unter anderem die Botschaft eingetrichtert: „The economy, stupid.“ Wie die „Presse“ einmal ausführte, kam bald ein „It’s“ dazu und so ergab sich ein legendärer Slogan. Frei übersetzt lautet er: „Es ist die Wirtschaft, Dummkopf“. Heute könnte man sagen, es seien die Abstiegsängste einer Mittelschicht, die politisch eine wesentliche Rolle spielen; die neben türkisen Affären und sozialdemokratischen Problemen mit sich selbst den Wiederaufstieg der FPÖ zu einer 30-Prozent-Partei erklären dürften.

In einer Studie der Wiener Wirtschaftsuniversität wurde die Frage untersucht, ob es zwischen Abstiegsängsten einer Mittelschicht und der Unterstützung für extrem rechte Parteien in Westeuropa einen Zusammenhang gebe. Die Antwortet lautet: Ja.

Erkenntnis eins: Abstiegsängste betreffen nicht so sehr eine Ober- oder Unter-, sondern eben eine Mittelschicht. Zweitens: Wenn ein Haushalt bei einem anderen, der ihm ähnlich ist, einen Abstieg sieht, kann das zu so großen Ängsten führen, der nächste zu sein, dass das das Wahlverhalten beeinflusst. Drittens: Nicht wirtschaftliche Not treibt Wählerinnen und Wähler zu extrem rechten Parteien, sondern wirtschaftliche Unsicherheit, mit der die Punkte eins und zwei verstärkt einhergehen.

Warum aber profitieren Rechte davon? Die möglichen Erklärungen seien vielfältig, heißt es in der Studie. Sie würden vom Versprechen reichen, eine idealisierte Vergangenheit wiederherzustellen, über das Schüren von Unmut über „Eliten“ bis hin zum „Argument“, dass Migration bei dem Ganzen eine Rolle spiele.

Die Studie wurde hier im heurigen Frühjahr publiziert. Gegenwärtige Entwicklungen hat sie daher noch nicht in ihrem vollem Umfang berücksichtigen können. Anders ausgedrückt: Unsicherheiten und Ängste haben mit Teuerung, vorübergehender Energieversorgungskrise und russischem Angriffskrieg auf die Ukraine eine Dimension erreicht, die vieles Bisherige übertrifft. Das wiederum wird besonders von FPÖ-Chef Herbert Kickl noch gezielter aufgegriffen. In seiner Rede zum 1. Mai etwa, in der er sich als „Volkskanzler“ präsentierte sowie ankündigte, Eliten zu „treten“ und den Wohlstand zu sichern.

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