Diskriminierend und dumm

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ANALYSE. Zu oft wird Frauen die Wahlfreiheit verwehrt. Das ist nicht nur ungerecht, sondern auch standortschädigend.

Mehr als die Hälfte der Kinderbetreuungseinrichtungen in Österreich ist nicht nur in den Weihnachtsferien geschlossen, sondern auch in Oster- und Sommerferien. Ein Drittel macht zudem Semesterferien. Für Eltern kann es unter diesen Umständen schon schwer sein, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Eine Vollzeitbeschäftigung ganz und gar unmöglich werden kann aufgrund täglicher Öffnungszeiten: Knapp 90 Prozent der Einrichtungen sind nicht mindestens zwölf Stunden verfügbar, als von acht bis 18 Uhr. Das ist den Daten zu entnehmen, die von der Statistik Austria geführt werden.

Ein Ergebnis davon ist eben, dass in Österreich sehr viele Frauen allenfalls nur Teilzeit arbeiten können. Gemessen an sämtlichen Beschäftigten nach Geschlecht belief sich der Anteil laut Eurostat zuletzt auf 46,2 Prozent. In der EU gibt es nur ein Land, in dem die Quote höher ist; das sind die Niederlande mit ganzen 75,6 Prozent. Der Durchschnittswert liegt bei gerade einmal 29,3 Prozent. Besonders in südöstlichen Ländern ist er einstellig.

Der österreichische Wert kann kaum durch eine außergewöhnliche Frauen-Erwerbsquote insgesamt relativiert werden. 2019 lag sie mit 72,3 Prozent nicht so weit über dem EU-Schnitt (67,9 Prozent).

Die Folgen einer eingeschränkten Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind vielfältig. Sie macht nahezu ausschließlich Frauen zu schaffen; besserverdienende Männer gehen nur selten von einer Voll- auf eine Teilzeitbeschäftigung zurück. Das ist eine grundsätzliche Diskriminierung von Frauen. Wahlfreiheit wird ihnen verwehrt. Viele werden dadurch existenziell abhängig von Männern gemacht. Das zeigt ein Blick in die Armutsgefährdungsstatistik: Besonders betroffen sind Alleinerzieherinnen einerseits und Frauen andererseits, die im Alter allein „übrig“ bleiben.

Es gibt aber auch eine standortpolitische Dimension: Die gegenwärtige Krise kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es längerfristig einen Mangel an Menschen im erwerbsfähigen Alter mit einem möglichst hohen Bildungsabschluss gibt. Frauen wären verfügbar. Sie maturieren und studieren seit mehreren Jahren viel eher als Männer. Man müsste es ihnen nur möglich machen, ihre Talente und Fähigkeiten „trotz“ Kindern auf dem Arbeitsmarkt einzubringen; und zwar mehr in Richtung Vollzeit.

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