Bitte keine „Informationsfreiheit“

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ANALYSE. Warum es besser wäre, ÖVP und Grüne würden das Amtsgeheimnis lassen, wie es ist.

In einer Diskussionsrunde bei Meinrad Knapp auf ATV/Puls 24 ist deutlich geworden, dass sich die Überzeugung, dass es in jedem Fall gut ist, wenn die Bundesregierung das Amtsgeheimnis abschafft und eine Informationsfreiheit einführt, hartnäckig hält. Das ist insofern schlimm, als das, was kommen könnte (sofern jemals etwas kommt), nicht nur eine Augenauswischerei wird; sondern gelinde formuliert das, was gemeinhin als Mogelpackung bezeichnet wird.

Besser wäre es, man würde von einer Art Betrug reden. Das ist zwar hart, aber unmissverständlich. Es entspricht dem, was der Staatsrechtler Ewald Wiederhin – wie hier berichtet – vor mehreren Jahren zu einem Entwurf geschrieben hat, der dem jüngsten in wesentlichen Zügen sehr ähnlich ist: „Das Geheimhaltungsprinzip wäre nicht abgeschafft worden, es hätte nur die Kleider gewechselt, es hätte sich einen Tarnanzug übergezogen und dadurch an Kraft gewonnen.“ Anders ausgedrückt: Es würde auf ein verschärftes Amtsgeheimnis hinauslaufen. Etwa, weil weitreichende Ausnahmebestimmungen vorgesehen sind.

Vergangene Woche hat nun auch der Verfassungsrechtler Heinz Mayer festgestellt: Besser gar kein Informationsfreiheitsgesetz als eines mit so vielen Ausnahmen: „Es ist besser, man lässt das Thema liegen und gesteht sich ein: ‚Es geht nicht. Wir scheitern an diesem Thema.‘ Das wäre ehrlich. Aber das, was da jetzt probiert wird, das ist eine Mogelpackung nach der anderen.“ Anlass waren Berichte, wonach Gemeinden mit weniger als 10.000 Gemeinden nicht verpflichtet werden sollen, Informationen von allgemeinem Interesse von sich aus zu veröffentlichen. Das wären fast alle Gemeinden.

In Österreich jammern Gemeinden, Informationsfreiheit wäre unzumutbar für sie, weil sie mit zu viel Arbeit verbunden wäre. Unterstützt werden sie von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), der in einer Parteitagsrede 2022 wörtlich erklärte: „Ja zu Transparenz, aber auch ja zu einer funktionierenden Verwaltung, die nicht von Querulanten lahmgelegt werden kann.“ Sprich: Bürgerinnen und Bürger, die etwas wissen wollen, sind lästig.

Der Spieß gehört umgedreht: Bund, Länder und Gemeinden sind gegenüber Bürgerinnen und Bürger verantwortlich, diese haben einen Anspruch darauf, was mit ihrem Steuergeld passiert oder warum was wie läuft (oder unterlassen wird). Dazu, den Spieß umzudrehen, besteht aber keine Bereitschaft. Man schaut sich nicht einmal an, wie die vielen Demokratien der Welt, die Informationsfreiheit haben, damit zurechtkommen, ohne zusammenzubrechen (die meisten haben ja sogar weniger Verwaltung).

Was bisher vorliegt, zeigt, dass man alles tut, um eine sogenannte Informationsfreiheit nur ja nicht mit Leben zu erfüllen. Informationsfreiheitsbeauftragte, die Bürgerinnen und Bürgern helfen könnten, auch nur die bescheidenen Rechte durchzusetzen, die sie haben sollen, sind nicht vorgesehen. Dabei sind sie in Ländern mit entsprechender Freiheit Standard.

Schon bisher müssten, Bund, Länder und Gemeinden das eine oder andere von sich aus veröffentlichen. Es lässt tief blicken, wie sie es machen: In Vorarlberg haben die VN gerade berichtet, dass in fast jeder zweiten Gemeinde das Gehalt des Bürgermeisters oder der Bürgermeisterin einfach nicht veröffentlicht wird. Oder: Seit einiger Zeit müssen Studien veröffentlicht werden, die aus Steuergeld finanziert worden sind. Allein: Sie sind auf Websites von Ministerien gut versteckt und werden z.B. von der Stadt Wien hier in einer (Listen-)Form bereitgestellt, dass Bürgerinnen und Bürger wenig bis nichts damit anfangen können.

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