Bei Hausaufgaben säumig

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BERICHT. Vor einem Vierteljahr hat der Bundespräsident gefordert, „ein wirklich funktionierendes Test- und Tracingsystem“ aufzubauen. Die Umsetzung lässt zu wünschen übrig.

Am 2. November sprach Bundespräsident Alexander Van der Bellen zum Auftakt des zweiten Lockdowns nicht nur allen Menschen, die in Österreich leben, Mut zu. Für einige hatte er auch einen Auftrag: „Die handelnden Politikerinnen und Politiker möchte ich eindringlich ersuchen, die Zeit, die dieser Lockdown uns allen hoffentlich verschafft, zu nützen“, so Van der Bellen in einer Ansprache: „Wir brauchen zum Beispiel für die Zeit nach dem Lockdown ein wirklich funktionierendes Test- und Tracingsystem. Dieser Lockdown soll nicht nur dazu dienen, das Virus wieder unter Kontrolle zu bringen, sondern auch dazu, gemeinsam mit allen Bundesländern, Städten und Gemeinden die nötigen Schritte für die Zeit danach zu setzen.“

Ein Vierteljahr später steckt Österreich noch immer bzw. in einem weitere Lockdown und ist mit ansteckenderen Mutationen und einem extrem schleppenden Impffortschritt konfrontiert. Die Notwendigkeit, zu erledigen, was der Bundespräsident gefordert hat, ist also nicht kleiner, sondern größer geworden. Allein: Die Politik ist so säumig geblieben, dass nötige Öffnungsschritte unnötig riskant erscheinen.

Der erste Versuch, ein Testsystem aufzubauen, ist daneben gegangen. Der von Sebastian Kurz für Anfang Dezember angekündigte Massentest ist ein Minderheitenprogramm geblieben; nur ein kleiner Teil der Bevölkerung ist dem Aufruf gefolgt. Lockerungen gab es trotzdem. Das Ansinnen, Mitte Jänner einen weiteren Massentest durchzuführen, ist noch kläglicher gescheitert; nachdem sich die Opposition gegen die Freitestpläne ausgesprochen hatte, wurden sie fallengelassen.

Schaut man sich die aktuellen Auswertungen der Corona-Ampel-Kommission an, stellt man zwar fest, dass der Anteil der positiven Testergebnisse auf weniger als zwei Prozent gesunken ist und sich damit sozusagen im grünen Bereich bewegt; in der dritten Jänner-Woche war österreichweit aber noch immer nur bei 59 Prozent der Infektionsfälle die Quelle geklärt; in Kärnten belief sich dieser Anteil gar nur auf 35 Prozent, also ein Drittel. Das ist bescheiden.

Zwei aktuelle Berichte aus Vorarlberg lassen Zweifel, ob Österreich fit für Lockerungen ist, noch größer werden: Laut ORF steigt man im Land erst dieser Tage auf ein zeitgemäßeres System für Kontakt-Nachverfolgungen um; man lässt nicht mehr wertvolle Zeit verstreichen, sondern will sich unmittelbar nach Vorliegen eines positiven Testergebnisses an die Arbeit machen.

Wenn man bedenkt, dass Infektionen in der Regel ohnehin zu spät festgestellt werden und die Ausbreitung des Virus durch Mutationen beschleunigt werden könnte, wird das auch gut so sein. Zumal das bei den Mutationen überhaupt so eine Sache ist: Laut VN besteht im Land seit 14 Tagen der Verdacht, dass Virusmutationen vorliegen. Erst jetzt gab es erste Bestätigungen. Sprich: Das dauert viel zu lang.

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