ANALYSE. Bei Personen mit Lehre als Bildungsabschluss räumt die FPÖ bundesweit ab. In der Steiermark könnte sie nun erst recht profitieren davon.
Dass die FPÖ einen Wahlerfolg nach dem anderen erzielt, hat sie weniger dem Zuspruch von Wählerinnen und Wählern zu verdanken, die studiert oder zumindest maturiert haben. Das sind mittlerweile zwar viele, zu Freiheitlichen tendieren sie jedoch nicht so sehr. Sie hat es umgekehrt auch nicht dem Zuspruch von Männern und Frauen zu verdanken, die in der formalen Bildung nicht über einen Pflichtschulabschluss hinausgekommen sind.
Entscheidend sind für sie vielmehr Facharbeiter: Bei Lehrabsolventen ist sie heuer laut ORF/Foresight-Befragungen zu den jeweiligen Urnengängen nicht nur bei der National- und bei der Europawahl auf den mit Abstand größten Stimmenanteil gekommen, sondern auch bei der Landtagswahl in Vorarlberg, bei der sie sich insgesamt mit Platz zwei begnügen musste.
Siehe Grafik: Bei der Nationalratswahl fiel das Ergebnis besonders deutlich aus. Mit 40 Prozent schaffte die FPÖ bei Wählern, deren „letzter“ Bildungsabschluss eine Lehre ist, so viel wie ÖVP und SPÖ zusammen (jeweils 20 Prozent). In Vorarlberg ließ sie die dortige „Landeshauptmann-Partei“ ÖVP in dieser Gruppe mit ebenfalls 40 Prozent um ganze sieben Prozentpunkte hinter sich.
Mögliche Gründe: Krisen sorgen vor allem in der Mittelschicht für Sorgen und Ängste. Sie kann im Unterschied zur Schicht, die (fast) nichts hat, etwas verlieren. Ein Abstieg kann hier auch spürbar sein, weil zum Beispiel der Traum vom Eigenheim geplatzt ist.
In der Steiermark könnte das nun erst recht zu einem freiheitlichen Erfolg bei der Landtagswahl an diesem Sonntag beitragen: Österreichweit haben 32 Prozent aller (!) 25- bis 64-Jährigen eine Lehre als Bildungsabschluss bzw. keine Matura und auch keinen Hochschulabschluss darüber hinaus. In einigen Bezirken ist der Anteil viel höher. In Spittal an der Drau, Kärnten, etwa, mit 45 Prozent. Hier hat die FPÖ bei der Nationalratswahl 43,7 Prozent geholt.
Natürlich müssen mehrere Einflussfaktoren berücksichtigt werden. Der Lehrabsolventen-Anteil dürfte jedoch ein wesentlicher sein. Und das wäre wiederum eine Erklärung dafür, dass sich die FPÖ nun Hoffnungen auf Platz eins bei der Steiermark-Wahl machen darf.
Hier haben 37 Prozent aller 25- bis 64-Jährigen eine Lehre gemacht. In Graz (Stadt), der Ausnahme, sind es knapp 20 Prozent, gibt es auf der anderen Seite mehr Akademikerinnen und Akademiker. FPÖ-Ergebnis bei der Landtagswahl: Knapp 20 Prozent. In Leibnitz hingegen beträgt der Lehrabsolventen-Anteil wie in Spittal an der Drau 45 Prozent. FPÖ-Ergebnis: 39,5 Prozent. Wie die FPÖ überhaupt in allen steirischen Bezirken mit einem Lehrabsolventen-Anteil von über 40 Prozent auf weit mehr als 30 Prozent gekommen ist – von Bruck-Mürzzuschlag über Weiz, Murtal, Liezen, Murau, Hartberg-Fürstenfeld, Südoststeiermark, Voitsberg und Deutschlandsberg bis eben Leibnitz.