Allenfalls Durchschnitt

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BERICHT. Österreich hat keinen Grund, gleich wieder in Selbstgefälligkeit, ja Überheblichkeit zu kippen.

Zumindest zum Schmunzeln ist die Art und Weise, wie die österreichische Politik die Lockdown-Verlängerung kommuniziert. Als würden Mutationen als Argument nicht ausreichen: Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) sprach am Sonntag davon, dass man im internationalen Vergleich eh ganz passabel durch die Krise komme, Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bemüht Südtirol als abschreckendes Beispiel und versucht sich wieder mit „First Mover“-Länder zu inszenieren.

Es wäre gut, wenn Österreich vergleichsweise gut unterwegs wäre. Zu dick auftragen in der Darstellung ist jedenfalls schlecht. So gibt es noch immer relativ viele Todesfälle im Zusammenhang mit der Pandemie. Laut europäischer Gesundheitsbehörde ECDC handelte sich in der 53. Kalenderwoche des vergangen und in der ersten des laufenden Jahres um 86 pro Million Einwohner. Das kommt dem Durchschnitt von 97 nahe.

Schlimm sind auch die wirtschaftlichen und damit auch viele gesellschaftlichen und sozialen Entwicklungen: Die OECD-Prognose für europäische Mitgliedsländer wird hierzulande kaum wahrgenommen. Ob man sich damit etwas Gutes tut? Wie auch immer: Anfang Dezember stellte die Organisation für 2020 bis 2022 nur einem Land eine schlechtere Gesamtentwicklung in Aussicht, nämlich Portugal. Alle anderen Länder verlieren weniger als Österreich. Klar: Diese Prognosen sind überholt; besser werden sie jedoch kaum werden.

Deutschland hat gerade einen wirtschaftlichen Einbruch von fünf BIP-Prozent für das vergangene Jahr vermeldet. Viele hat das überrascht. Es war weniger als in der Finanzkrise Ende der 2000er Jahre; damals war die Wirtschaftsleistung um 5,7 Prozent zurückgegangen. Für Österreich geht die Nationalbank von einem Minus von „knapp über sieben Prozent“ aus. Das ist ein um zwei Prozentpunkte größerer Verlust und entspricht immerhin knapp rund acht Milliarden Euro.

Südtirol hat laut Kurz nach einem Lockdown am 7. Jänner aufgemacht und jetzt schon wieder zumachen müssen. In Italien ist man sehr verwundert darüber, in Bozen weiß man nichts davon: Man lädt sogar wieder zu Urlaubsreisen ein. Ein negatives Testergebnis und eine Meldung genügen; eine Quarantänepflicht gibt es nicht mehr (Details).

Dass sich Österreich mit anderen Ländern abstimmt, die – wie Australien, Israel und Norwegen – zum Teil sogar besser unterwegs sind, ist gut. Sich heute als Mitglied dieser „First Mover“ zu inszenieren, wie es das Kanzleramt tut, ist jedoch daneben: Immerhin ist man weder beim Testen noch beim Impfen bisher vorbildlich gewesen. Im Gegenteil.

Und auch im Hinblick auf bedrohliche Virusmutationen gehört man nicht zu den Ersten und auch nicht zu denen, die am Härtesten durchgreifen. In der benachbarten Schweiz etwa ist schon vor einer Woche eine Verlängerung des Lockdowns (inkl. Homeoffice-Pflicht) nicht nur bis Mitte, sondern bis Ende Februar fixiert worden. Liechtenstein, das sich traditionell an Bern orientiert, ist umgehend nachbezogen. In Bayern gilt eine FFP2-Maskenpflicht bereits seit heute.

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