Wer A sagt, muss auch B sagen

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ANALYSE. Die Abschaffung der kalten Progression droht zu einer Art Wahlzuckerl zu verkommen, für das erst nachfolgende Regierungen einstehen müssen.

Zur kalten Progression gab es bisher einen Zickzackkurs neben dem anderen: Vor der jüngsten Nationalratswahl bekannten sich alle Spitzenkandidat:innen zur Abschaffung. Darunter auch Sebastian Kurz (ÖVP) und Werner Kogler (Grüne). Nach der Wahl relativierten sie dies im Regierungsprogramm. Auch Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) äußerte sich zunächst distanziert dazu, ist nun aber im Lichte der Inflation dafür. Allein: Medienberichten zufolge haben die Grünen Vorbehalte.

Argument für die Abschaffung ist, dass der Staat nicht an der Inflation verdienen darf; und zwar in einer Art und Weise, dass Bürgerinnen und Bürger real eine Einkommenskürzung erfahren. Argument gegen die Abschaffung ist, dass der Staat so zu mehr Geld bzw. Gestaltungsspielräumen kommt – sei es für Investitionen oder schlichte „Entlastungen“ alle paar Jahre.

Finanzminister Brunner will die Abschaffung nun bis zum Sommer konkretisieren, sie jedenfalls aber 2023 durchführen. Bis 2026 könnte laut „Standard“ ein Gesamtvolumen von immerhin neun bis elf Milliarden Euro zusammenkommen. Wobei das präzisiert gehört: Hier handelt es sich um eine Stumme, die dem Staat fehlen wird; er wird sie auf Dauer nicht allein über Neuverschuldungen finanzieren können, sondern sparen müssen.

Wer A sagt, muss auch B sagen: Gerade wenn man gegen die kalte Progression ist, gehört eine nicht unwesentliche Konsequenz erwähnt. Es muss das gemacht werden, was seit vielen Jahren angekündigt wird, aber nie wirklich umgesetzt worden ist: „Sparen im System“. Zugegeben, ein nebuloser Begriff: Zumindest für eine Debatte muss er natürlich auch Sozialleistungen im weitesten Sinne umfassen, die den größten und einen noch dazu wachsenden Teil der Staatsausgaben bilden.

Dies gilt umso mehr, als eine nächste absehbare Wirtschaftsflaute oder gar -krise in Verbindung mit der Devise „Koste es, was es wolle“ wieder zu höheren Ausgaben z.B. für Kurzarbeit führen wird; und als daneben gerade auch eine Pflegemilliarde angekündigt worden ist sowie in absehbarer Zeit „ordentlich“ in die Verteidigung investiert werden soll.

Gefahr: Vor Landtagswahlen in Niederösterreich, Kärnten, Salzburg und Tirol bis zum kommenden Frühjahr, ja in weiterer Folge aufgrund eines beginnenden Vorwahlkampfes für eine Nationalratswahl spätestens 2024 wird es keine Ausgabendebatte geben. Die Krot wird eher einer nachfolgenden Regierung überlassen werden.

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