Wende der Budgetwende

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ANALYSE. Ex-ÖVP-Finanzminister hat noch diese Prognose hinterlassen: Steigende Staatsausgaben, steigende Schuldenquote.

Allein schon, dass die türkis-grüne Regierung die Gunst der Stunde, nämlich den Beginn der Legislaturperiode, nicht dazu nützt, budgetäre Spielräume zu sichern, sondern vorhandene aufzulösen, könnte nachdenklich stimmen: Das kann kaum gut ausgehen. Doch lassen wir das: ÖVP und Grüne wollen zunächst einmal zu einer Entlastung der Steuerzahler schreiten; zu einer Maßnahme also, die man gewöhnlich eher vor einem Urnengang setzt, um die Wähler wohlwollend zu stimmen. Dass das nun umgedreht wird, ist für sich genommen schon bemerkenswert.

Hinzu kommt jedoch, dass das ganze Gerede von einer Budgetwende und dem Ziel, über Konjunkturzyklen hinweg ein Nulldefizit zu halten, Lügen gestraft wird. Ja, das ist eine harte Formulierung. Zeuge dafür ist jedoch kein Regierungsgegner und auch kein Regierungskritiker. Es handelt sich vielmehr um den ehemaligen ÖVP-Finanzminister Hartwig Läger bzw. die langfristige Budgetprognose, die noch unter seiner Verantwortung im vergangenen Jahr erstellt worden ist.

Gemessen an dem erwähnten Gerede enthält sie eine ziemlich große Überraschung: Mit der Budgetwende und dem Nulldefizit ist es bald wieder vorbei. Grund: Die Staatausgaben werden vor allem aufgrund der Alterung und den damit einhergehenden Kosten (Pensionen, Gesundheit, Pflege) bald wieder steigen. Und zwar auch gemessen an der Wirtschaftsleistung, also dem BIP.

Heute betragen die Staatsausgaben 48,3 Prozent, 2025 werden sie vorübergehend auf 48,1 Prozent zurückgehen, um bis 2030 auf voraussichtlich 48,8 Prozent zuzunehmen und 2040 gar 50,2 Prozent zu betragen. Und so weiter und so fort. Auch die Defizite werden wieder steigen und damit letzten Endes auch die Schuldenquote. Klar, vorerst wird sie noch auf deutlich unter 50 Prozent sinken, in weiterer Folge aber zum heutigen Niveau zurückkehren (siehe Grafik).

Lögers Aussichten enthalten einen bemerkenswerten Kommentar dazu, der nun eben nicht einmal ignoriert wird. Im Gegenteil, bloße Entlastungen führen zu einer Schwächung der Staatseinnahmen und damit einer Verschärfung der Perspektive, die in den Worten des ehemaligen Finanzministers ohnehin schon durchaus bedrohlich klingt: „Die Ergebnisse der langfristigen Budgetprognose sind Beleg für die günstigen Rahmenbedingungen zur Umsetzung struktureller Reformen im nächsten Jahrzehnt um die Tragfähigkeit Österreichs öffentlicher Finanzen langfristig zu garantieren. Ein Hinausschieben von Reformen mit Verweis auf die momentan erfreuliche Situation der öffentlichen Finanzen würde unabdingbar schmerzhaftere Reformen zu einem späteren Zeitpunkt nach sich ziehen.“

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