ANALYSE. Beim derzeitigen Stand der Finanzausgleichsverhandlungen von einer Grundsatzeinigung zu reden, lässt tief blicken: Man will möglichst wenig gestalten.
Die gute Nachricht: Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hat eine Erhöhung der Steuerertragsanteile von Ländern und Gemeinden, die diese wünschten, abgeblockt. Eine solche hätte den Bund – wie hier ausgeführt – quasi ruiniert. Praktische Folgen: Er hätte zu einschneidenden Leistungskürzungen bei Pensionen oder sonst wo schreiten und oder Steuern ebenso deutlich erhöhen müssen.
Die nicht schlechte Nachricht: Über einen Zukunftsfonds sollen Länder und Gemeinden zu 1,1 Milliarden Euro zusätzlich kommen. Und zwar, wenn sie bestimmte Ziele erreichen. Das ist ein Ansatz: Es fließt nicht einfach so mehr Geld. Man sollte jedoch nüchtern Bleiben: Auf Basis des bestehenden Finanzausgleichs überweist der Bund heuer summa summarum 48 Milliarden Euro. 2024 werden es mehr als 50 Milliarden Euro sein. Der Paradigmenwechsel, der durch den Fonds gesetzt werden könnte, wird also quasi rund zwei Prozent betragen.
Zweitens: Genaueres muss überhaupt erst geklärt werden. Alles in allem wird der Bund – zusätzlich zu den steigenden Steuerertragsanteilen – Ländern und Gemeinden nicht nur um 1,1, sondern um dreieinhalb Milliarden Euro* mehr zur Verfügung stellen. Auch hier gilt: Details offen.
Vielsagender Absatz dazu in einem ORF.AT-Bericht: „Unklar ist, wie weit die Verhandler bei der konkreten Ausformung der Regelung und den zu erbringenden Leistungen der Länder noch auseinanderliegen – und ob das grundsätzlich geschnürte Paket eben auch wieder aufgeschnürt werden könnte.“
Was also gibt es hier zu feiern?
Das Ganze ist ungefähr so: Eine Person, die ein Haus kaufen möchte, geht zu einem Makler, verzichtet darauf, konkrete Angebote zu studieren, sondern legt Wert darauf, gleich einen bestimmten Preis zu fixieren. Wenn sich nun beide erfreut geben, stimmt irgendetwas nicht. Und wenn der Käufer dann auch noch öffentlich ankündigt, dass er bald Eigentümer eine topmodernen Villa sein werde, muss man sich überhaupt fragen …
Vielleicht ist der Finanzminister nur froh, größere Forderungen der Länder und Gemeinden abgewehrt zu haben und sind diese erleichtert, mehr herausgeholt zu haben als sie sich insgeheim erhofft haben. Allen Beteuerungen, dass jetzt große Reformen in Gesundheit, Pflege und anderen Beriechen kommen würden, ist jedenfalls nicht zu trauen.
Es ist ja selbst zum grundsätzlich vernünftigen Zukunftsfonds mit halt bescheidener Dotierung nichts Konkretes festgelegt. Und: Welches Motiv soll es noch geben, über nennenswerte Strukturreformen zu reden? Über eine Bereinigung der Kompetenzen im Gesundheitswesen beispielsweise? Geschweige denn über eine ernsthafte Steuerhoheit der Länder, also eine Zusammenführung von Einnahmen- und Ausgabenverantwortung?
In Wirklichkeit sind nur Geldflüsse geklärt, aber so, dass niemand gezwungen ist, Wesentliches zu verändern; sind Herausforderungen nur weiter aufgeschoben worden. Man begnügt sich auf das, was kurzfristig einfach geht. Wie bei der weitgehenden Abschaffung der kalten Progression, die ebenfalls schon als große Reform dargestellt wird.
Dabei fehlt zu einer solchen noch etwas: Wer bei (z.B. aufgrund der Indexierung von Sozialleistungen) stark steigenden Ausgaben bei den Einnahmen auf die Bremse steigt, muss gegensteuern; sonst besteht Schleudergefahr. Sprich: Die Rechnung für die Abschaffung der kalten Progression ist noch nicht beglichen; es ist das notwendig, was früher als Sparpaket bezeichnet worden ist.
Anmerkung: Ursprünglich waren hier 2,4 Milliarden Euro angeführt. Sie kommen zu den 1,1 offenbar jedoch dazu.