Pensionslücke

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ANALYSE. Möglichst vielen Menschen ein Altern in Würde zu ermöglichen, ist nicht das Problem. Im Gegenteil. Das Problem ist, dass die längerfristige Finanzierung offen bleibt.

Österreich ist ziemlich zukunftsvergessen. Ganz besonders bei der Altersversorgung wird dies deutlich: Die Politik hat aufgehört, sich um eine längerfristige Absicherung zu kümmern. Stattdessen ist sie dazu übergegangen, ausschließlich die Ausgaben weiter zu erhöhen. Frühpensionen werden wieder ausgeweitet (abschlagsfreier Antritt nach 45 Versicherungsjahren ab 62) und besonders kleine Pensionen werden stärker erhöht als dies gesetzlich vorgesehen wäre (3,6 statt 1,8 Prozent bzw. Inflationsanpassung).

Kritik an den Maßnahmen wird gerne damit begegnet: Wer 45 Jahre gebuckelt hat, ist fix und fertig und kann ganz einfach nicht mehr arbeiten. Ihn durch Abschläge zu bestrafen, wenn er früher gehen muss, wäre kalt. Oder: Kommen Sie einmal mit, sagen wir, 900 Euro im Monat über die Runden; sie werden mehr brauchen, weil sich das hinten und vorne nicht ausgehen kann.

Beides ist richtig. Umso mehr aber wird man, sofern man die Systeme nicht privatisieren möchte, über Pensionssicherungsreformen reden müssen. Und zwar einnahmenseitige und/oder ausgabenseitige. Sonst geht sich die Finanzierung schon bald hinten und vorne nicht mehr aus.

Im jüngsten Stabilitätsprogramm hat ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger eine Prognose über die altersbedingten Ausgaben angeführt. Ergebnis: 2020 dürften sie 28,3 Prozent des BIP betragen und dann um durchschnittlich gut einen Prozentpunkt pro Jahrzehnt steigen. 2050 soll es sich um 31,1 Prozent handeln. Nun sind darin auch Bildungs- und Arbeitslosenausgaben enthalten; ihre Anteile werden jedoch kleiner. Stärker steigen werden Pensions- und – von einem verhältnismäßig niedrigen Niveau ausgehend – viel mehr noch Pflegeausgaben. Die jüngsten Beschlüsse sind in diesen Prognosen übrigens nicht enthalten.

Das Problem, das damit einhergeht, ist erstens, dass keine wirkungsvollen Maßnahmen zur Dämpfung dieser Kostenentwicklung geplant sind. Und dass zweitens diese Ausgaben im wesentlichen beitrags- und steuerfinanziert sind. Womit wir an einem wunden Punkt angelangt wären.

Der SPÖ könnte man zumindest attestieren, dass sie so ehrlich ist und nach einer zusätzlichen Steuerfinanzierung ruft. In Form einer „Millionärssteuer“ zugunsten der Pflege. Allein: Dafür gibt es keine Mehrheit, ÖVP und FPÖ sind dagegen. Und überhaupt: Wieviel eine solche Steuer bringen würde, ist schwer zu sagen.

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Die ÖVP würde wiederum einen kleinen Teil der Pflege über eine neue Versicherung abdecken. Das lehnt jedoch die FPÖ ab. Abgesehen davon wollen die beiden Parteien ohnehin die gesamte Steuer- und Abgabenquote in Richtung 40 Prozent des BIP oder darunter drücken. Was bei der erwähnten Entwicklung der altersbedingten Ausgaben auf 30 Prozent und darüber aber schier unmöglich ist, sollen daneben doch auch noch viele anderen Dinge finanziert werden. Anders ausgedrückt: Die Politik frisst ihre eigenen Entlastungspläne auf.

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