ANALYSE. CO2-Bepreisung kommt erst in der zweiten Jahreshälfte, den Klimabonus gibt’s aber fürs gesamte Jahr.
Bei steigenden Preisen ist die Verlockung parteiübergreifend groß, populistisch zu werden und zu einem Ausgleich zu schreiten. Vielleicht sind bestehende Förderungen und steuerliche Maßnahmen auch deswegen so vielfältig wie undurchschaubar geworden. Ergänzend gab es gerade in der Coronakrise einen „Koste es, was es wolle“-Zugang, bei dem man es aktuellen Rechnungshofberichten zufolge nicht mehr so genau nahm. Zitat zur grundsätzlich vernünftigen Kurzarbeit: „Ein Konzept zur gezielten Aufdeckung von Missbrauch fehlte.“
Bei den Spritpreisen ist der Druck für die Politik, einzugreifen, zweifelsfrei groß. Eher noch als bei Milch und Brot gibt’s Schlagzeilen, wenn Benzin und Diesel teurer werden. Viele Autofahrer haben die Entwicklung – dank unübersehbarer Ausweisung an den Tankstellen – genau im Blick. Und dabei kann es sich um eine wahlentscheidende Masse handeln. In Frankreich kam es vor wenigen Jahren zu einer landesweiten Protestwelle, die für Präsident Emmanuel Macron bei einem Urnengang zu jener Zeit nicht ungefährlich gewesen wäre.
In Österreich hagelt es zumindest aus ÖVP, SPÖ und FPÖ seit Tagen Forderungen, eine Entlastung vorzunehmen. Die Bandbreite reicht von Mehrwert-, Mineralöl- oder Lohnsteuersenkungen bis hin zu einer Erhöhung des Pendlerpauschales. Muss das sein? Interessanterweise wird eine bereits beschlossene Maßnahme nicht berücksichtig: Infolge der jüngsten Steuerreform ist beschlossen worden, mit 1. Juli 2022, also der zweiten Jahreshälfte, eine CO2-Bepreisung einzuführen. Gleichzeitig wird ein Klimabonus eingeführt, der zunächst nicht nur viel höher sein wird, sondern bereits heuer für das gesamte Jahr gewährt wird.
In Summe steht einer Belastung von voraussichtlich 500 Millionen Euro (CO2-Bepreisung) eine Entlastung von 1,25 Milliarden Euro (Klimabonus) gegenüber. Auch wenn die Nettoentlastung ursprünglich nur als „Zuckerl“ gedacht war, würde sie es nun erleichtern, ziemlich stark steigende Sprit-, aber auch Heizkosten zu bewältigen. Zur Erinnerung: Bei einem Haushalt bestehend aus zwei Erwachsenem und einem Kind macht dieser Bonus immerhin – je nach Wohnort – 250 bis 500 Euro pro Jahr aus.
Soziale Treffsicherheit ist beim Klimabonus (leider) kein Thema. Er ist es aber auch bei Mehrwert- und Mineralölsteuer nur bedingt: Prozentuell fallen diese Konsumsteuern bei Haushalten mit niedrigerem Einkommen stärker ins Gewicht. Absolut aber zahlen Haushalte mit höherem Einkommen viel mehr – gerade dann, wenn es um Energieverbrauch geht, der in ihrem Fall, wie hier ausgeführt, deutlich größer ist. Vom Pendlerpauschale gar nicht zu reden: Von einer Erhöhung würden Besserverdienende eher profitieren als Menschen mit bescheideneren Einkünften.
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